Die auf dieser Seite beschriebene Besiedlung des neu geschaffenen Nistplatzes durch ein hederae-Weibchen wurde schon am nächsten Tag durch einen heftigen Platzregen zunichte gemacht. Der Nesteingang wurde durch den Regen weggespült, was das Weibchen offenbar zur Aufgabe des Nestes veranlaßte.
Allerdings entdeckte ich am 21. September zwei neue Nesteingänge. Frisch herausgegrabener Sand (siehe Foto oben) und die Beobachtung eines Weibchens am heutigen Tag (23. September) lassen hoffen, daß immer noch eine Chance für eine erfolgreiche Erstbesiedlung besteht. Es wird deutlich, daß bei Colletes hederae wie bei einigen anderen Bienenarten auch eine enorme Bindung an den eigenen Entwicklungs- und Schlüpfort besteht. Deshalb ist es von ausschlagender Bedeutung, daß ein neuer Nistplatz z.B. durch auswandernde Weibchen erfolgreich besiedelt wird, wenn im kommenden Jahr die nächste Generation aufgrund ihrer großen Ortstreue den Nistplatz erneut nutzen und so eine Nestansammlung entstehen soll.
Noch 30-40 Männchen schwärmen über dem alten Nistplatz. Auch heute ist wieder zu meiner Überraschung ein Weibchen geschlüpft. Nachdem es das erste Männchen geschafft hat, sich mit dem Weibchen zu verpaaren, stürzen sich weitere Männchen darauf, so daß sich ein mehr oder weniger großes Knäuel bildet. Die Knäuel sind um so größer, je mehr Männchen an dem Nistplatz schwärmen.
Das Pärchen des oberen Fotos ließ ich auf meinen Finger krabbeln. Kurz danach flog das Weibchen mit dem Männchen weg. Dieses Verhalten zeigten auch andere Weibchen in den vergangenen Tagen. Sobald ein Weibchen es geschafft hatten, die anderen Männchen »abzuschütteln«, flog es mit dem Männchen in Kopula fort. Da man die Tiere schnell aus den Augen verliert, weiß ich nicht, wohin sie geflogen sind.
Während ich am neuen Nistplatz auf die Rückkehr eines Seidenbienen-Weibchens wartete, landete vor mir plötzlich ein Weibchen der Grabwespen-Art Mellinus arvensis mit einer Fliege als Beute. Diese Grabwespe fliegt im Spätsommer und Herbst und ist auf Fliegen als Beutetiere spezialisiert. Diese werden oft auf Dung oder Kot erbeutet, mit dem Giftstachel durch einen Stich in einen Hüftansatz gelähmt und in das Nest im Erdboden eingetragen. Je nach dem, ob sich aus dem Ei ein Männchen oder ein Weibchen entwickeln soll, werden 4-13 Fliegen für die Larve als Futter deponiert. Das Beutespektrum umfaßt Vertreter mehrerer Familien der Ordnung Diptera (Fliegen): Tabanidae, Syrphidae, Muscidae, Calliphoridae, Scatophagidae, Asilidae und Tachinidae. Eine ausführliche Darstellung der Biologie und des Verhaltens sowie weiterführende Literatur finden sich bei Blösch (2000). Das Literaturzitat steht am Ende dieser Seite.
Somit wird der neue Nistplatz in Mössingen bereits von 4 Grabwespen-Arten zum Nisten genutzt. Die anderen Arten werden hier genannt.
Charakteristisch ist für diese Art, daß die Beute rückwärts in den Nestgang gezogen wird. Mellinus arvensis ist meist häufig und kommt, wie die Fotos belegen, auch mitten in der Stadt vor. Fliegen sind hier keine Seltenheit. Die Nester werden auf ebenen Flächen wie auch in Steilwänden gegraben. Allerdings zeigen die bisherigen Untersuchungen, daß das Nest zumindest zeitweise beschattet sein muß. Im hier beschriebenen Fall befand sich das Nest unter einer einjährigen Zierpflanze, die am Rand des Nistplatzes wuchs.
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