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Pollensammelverhalten: Einleitung

Schon vor über 200 Jahren haben sich Forscher mit dem Blütenbesuchsverhalten von Bienen beschäftigt. Während bei der »klassischen« Blütenökologie im wesentlichen die Bedürfnisse der Pflanzen (Bestäubungsbiologie) im Vordergrund stehen, wird hier von den Ansprüchen der Bienen ausgegangen. Die Bedürfnisse der beiden Organismengruppen müssen sich nämlich nicht decken, was schon Darwin feststellte. Bienen zeigen nämlich viel häufiger eine Spezialisierung auf bestimmte Blütenpflanzen als umgekehrt Pflanzen auf bestimmte Bestäuber. Oft liegen einseitige Bindungen (Bienen an Blüten) vor. Deshalb sind Blütenbesuche nicht grundsätzlich Ausdruck einer Blüte-Bestäuber-Beziehung, was gerade in jüngster Zeit (»pollination crisis«) auch in wissenschaftlichen Publikationen (aus politischen Gründen?) vielfach nicht beachtet wird. So ist Nektar- und auch Pollendiebstahl viel weiter verbreitet als vermutet bzw. bekannt.

Pollen

Pollenladungen verschiedener Wildbienen (Aufnahmen mit einem Rasterelektronenmikroskop).
A
: Sonnenblumen-(Helianthus-)Typ in der Tibia von Eucera alticincta (560x). B: 5x Natterkopf-(Echium-)Typ (kleinster Pollen), 1x Kreuzblütler- (Brassicaceae-)Typ (Oberfläche genetzt),1x Löwenzahn (Taraxacum-)Typ (durchbrochene Stachelkugel), Flockenblumen-(Centaurea jacea-)Typ (warzig), unbekannter Typ in der Tibia von Anthophora bimaculata (1140x). C: Glockenblumen-(Campanula-)Typ im Metatarsus von Melitta haemorrhoidalis (1000x). D: Hahnenfuß-(Ranunculus-)Typ in der Bauchbürste von Chelostoma florisomne (520x). E: Weiden-(Salix-)Typ in der Tibia von Andrena vaga (1300x). F: Doldenblütler-(Apiaceae-)Typ in der Tibia von Andrena proxima (2900 x). (Quelle: Westrich 1990: Die Wildbienen Baden-Württembergs).


Für die Beschreibung der Enge oder Weite der Beziehungen zwischen Blüten und ihren Besuchern entstanden eine ganze Reihe von Wortkombinationen mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen wie monophag, polytroph oder euryanth. In der Literatur begegnet man noch einer ganzen Reihe weiterer Begriffe, die etwas mit dem Blütenbesuch zu tun haben, oft aber bis in die jüngste Zeit nicht zwischen dem Nektartrinken und dem Pollensammeln unterscheiden. Für das Verständnis der Blütenbesuche ist aber eine Unterscheidung zwingend notwendig. Hier beschränken wir uns auf das Pollensammeln und auf das diesem zugrundeliegende Verhalten.

Wer sich näher mit dem Blütenbesuchsverhalten beschäftigt, wird bald feststellen, daß die Mehrzahl der Bienenarten beim Pollensammeln die Blüten vieler Pflanzenarten aus ganz unterschiedlichen Pflanzenfamilien nutzt. Andere hingegen besuchen bzw. nutzen nur die Blüten weniger und immer wieder derselben Pflanzenarten.

Bereits 1925 hat sich Robertson mit diesem Phänomen befaßt und die Begriffe »polylektisch«, »oligolektisch« und »monolektisch« für das Pollenversammelverhalten geschaffen. Diesen Begriffen liegen folgende griechische (gr.) oder lateinische (lat.) Wortstämme zugrunde: gr. monos einzig, allein; gr. oligos wenig; gr. polys viel; lat. legere sammeln. Die Amerikaner Linsley & MacSwain haben sich erneut eingehend mit diesem Phänomen beschäftigt und 1957 eine dem damaligen Kenntnisstand angepaßte Definition der Begriffe »polylektisch« und »oligolektisch« gegeben, der ich mich schon vor über 30 Jahren angeschlossen habe. Diese beiden Begriffe und die Bienenarten, auf die sie angewendet werden, sind Gegenstand der folgenden Seiten.

Hinweis: Die Beurteilung des Pollensammelverhaltens sollte sich grundsätzlich nicht auf lokale bzw. regionale Beobachtungen bzw. Populationen beschränken, sondern sollte das gesamte Verbreitungsgebiet einer Art berücksichtigen. Dies wurde verschiedentlich nicht berücksichtigt und hat zu fehlerhaften Zuordnungen geführt. Hierzu siehe auch die Methoden blütenökologischer Forschung.


Andrena lathyri

Nektarraub: Ein Männchen der Wicken-Sandbiene (Andrena lathyri) schneidet mit den Mandibeln die Kelchblätter der Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus) auf, um mit dem kurzen Rüssel an den Nektar zu gelangen.

Megachile ligniseca

Pollendiebstahl: Ein Weibchen der Blattschneiderbienenart Megachile ligniseca erntet mit den Hinterbeinen den Pollen von den Staubgefäßen des Klebrigen Salbeis (Salvia glutinosa), ohne den Pollen auf die Narbe zu übertragen und die Blüten zu bestäuben.

 

 

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