Alle Bienenarten sind in der Wahl ihrer Nistplätze mehr oder weniger hochspezialisiert. Es ist daher von entscheidender Bedeutung für die Verbreitung einer Bienenart, ob und in welcher Häufigkeit geeignete, nämlich artspezifische Nistplätze zur Verfügung stehen.
Dabei müssen wir unterscheiden zwischen den Lebensräumen und den eigentlichen für die Nestanlage gewählten Strukturen, die man in der Ökologie auch als Requisiten bezeichnet.
Bienennester findet man
Bienen, die im Erdboden nisten, bauen entweder in horizontalen, schwach geneigten oder vertikalen Flächen, an völlig vegetationsfreien, schütter oder dicht bewachsenen Stellen. Die einen nisten nur im Sandboden, andere wiederum nur in Löß oder Lehm, wieder andere nehmen mit allerlei Substraten vorlieb. Bei den einen muß der Boden locker, bei den anderen fest sein. Aus diesen vielen unterschiedlichen Ansprüchen ist erklärlich, daß es so gut wie keinen terrestrischen Lebensraum gibt, in dem keine Wildbienen vorkommen.
Ein von zahlreichen Weibchen der bereits im März fliegenden Sandbienen-Art Andrena clarkella besiedelter Nistplatz in der Schwarzwaldvorbergzone. Da die Buchen noch kein Laub haben, scheint die Sonne bis auf den Boden. Die vermooste bzw. veralgte Erdoberfläche stört die Sandbienen nicht. Sie schaffen es dennoch, in das Erdreich einen Hohlraum für die nur wenige Zentimeter tief liegende Brutzelle zu schaffen. Solche Stellen in lichten Wäldern und an Waldrändern sind bei Andrena clarkella, aber auch bei einigen anderen erdnistenden Bienenarten als Nistplatz beliebt.
Dieser abgeblühte Bestand von Königskerzen (Verbascum) kann im nächsten Jahr, wenn nur noch die dürren Stengel vorhanden sind, als Nistplatz solcher Bienenarten dienen, die in markhaltigen Stengeln nisten. Hierzu gehören typischerweise Osmia tridentata (Dreizahn-Mauerbiene) und Arten der Gattung Ceratina (Keulhornbienen). Letztere können die Stengel aber nur dann nutzen, wenn der Blütenstand abgebrochen ist und dadurch das Mark zugängig ist. Die größere Osmia tridentata schafft es auch, in die Seitenwand ein Loch zu nagen.
Abgestorbene Bäume, vor allem Laubholz wie hier ein Apfelbaum, sind für einige auf Totholz angewiesene Bienenarten als Nistplatz unverzichtbar. Charakteristische Totholzbewohner sind Xylocopa violacea (Blauschwarze Holzbiene), Anthophora furcata (Wald-Pelzbiene) und Megachile nigriventris (Schwarzbürstige Blattschneiderbiene). Sie nagen die Hohlräume für die Aufnahme der Brutzellen selbst. Daneben nutzen auch Hohlraumbesiedler die von diversen Insekten (Käfern, Holzwespen, Blattwespen) stammenden Gänge.
Sonnenbeschienene Steilwände wie diese Lößwand im Kaiserstuhl sind hervorragende Nistplätze für eine ganze Reihe von Wildbienenarten, die solche vertikalen Strukturen als Nistplatz ausschließlich oder bevorzugt besiedeln. Zu diesen Arten gehören vor allem einige Arten der Gattungen Andrena (Sandbienen), Halictus (Furchenbienen) und Lasioglossum (Schmalbienen) (u. a. Andrena agilissima, Halictus quadricinctus, Lasioglossum limbellum).
Felsen wie hier im Nördlinger Ries, Gesteinsbrocken und größere Kiesel sind die Nistplätze einiger Bienenarten, die sogenannte Freibauten auf der Gesteins-Oberfläche fertigen. Zu nennen sind hier v.a. Megachile parietina (Schwarze Mörtelbiene), Osmia anthocopoides (Matte Natterkopf-Mauerbiene), Osmia lepeletieri (Behaare Natterkopf-Mauerbiene), Osmia ravouxi (Französische Mauerbiene) und im Alpenraum Osmia loti.
Leere Schneckengehäuse dienen einigen Bienenarten als ausschließliche Nistplätze. Die wichtigsten, bislang in Mitteleuropa als Niststrukturen bekannt gewordenen Schneckenarten sind hier abgebildet und nachfolgend aufgelistet:
1. Helix pomatia (Weinbergschnecke)
2. Cepaea nemoralis (Hain-Schnirkelschnecke)
3. Cepaea hortensis (Garten-Schnirkelschnecke)
4. Arianta arbustorum (Gefleckte Schnirkelschnecke)
5. Bradybaena fruticum (Genabelte Strauchschnecke)
6. Helicella itala (Westliche Heideschrecke)
7. Zebrina detrita (Weiße Vielfraßschnecke)
Bei den Bienenarten, die in Deutschland ausschließlich leere Schneckengehäuse als Nistplatz wählen, handelt es sich um folgende Harzbienen- und Mauerbienenarten:
Anthidium septemdentatum
Osmia andrenoides
Osmia aurulenta
Osmia bicolor
Osmia rufohirta
Osmia spinulosa
Osmia versicolor
Osmia viridana
In südlicheren Gefilden Europas gibt es noch weitere Bienenarten [z. B. Anthidium (Rhodanthidium) sticticum, Osmia-Arten], die ihre Brutzellen in Schneckenhäusern anlegen.