In Mitteleuropa haben die meisten Bienenarten nur eine Generation im Jahr (univoltine Arten) und überdauern den Winter (und den größten Teil des restlichen Jahres) als Vorpuppe, auch Ruhelarve genannt (Larve, die sich ihrer Exkremente vollständig entleert hat).
Heriades truncorum ist eine Biene des Früh- und Hochsommers. Sie schlüpft als adulte Biene gewöhnlich Mitte Juni bis Anfang Juli. Das Weibchen lebt nach der Paarung rund 4 Wochen, bisweilen auch noch länger, und versorgt während dieser Zeit durchschnittlich 8 Brutzellen. Innerhalb von 45 Tagen entsteht aus dem Ei über ein Larvenstadium die Vorpuppe, die nun ihre weitere Entwicklung unterbricht und bis zum Mai des kommenden Jahres in der Brutzelle bewegungslos verharrt. Erst dann verpuppt sie sich und nach rund 3 Wochen liegen die fertig entwickelten Bienen im Nest, das sie einige Tage später bei günstigem Wetter verlassen. Die bei der Löcherbiene eingeschaltete Phase ausgeprägter Entwicklungsruhe mit herabgesetztem Stoffwechsel nennen wir »Diapause«. Sie unterliegt meist einem endogenen Rhythmus und steht oft in Beziehung zur Überwinterung. Bei Bienen unterscheidet man Larven‑, Puppen‑ und Imaginaldiapause. Eine Puppendiapause gibt es aber nur selten.
Einige Arten mit nur einer Generation erreichen das Stadium der adulten Biene noch im gleichen Jahr, schlüpfen aber nicht, sondern überwintern in ihrer Zelle. Eine solche Imaginaldiapause ist typisch für Arten, die bereits im Frühling fliegen. Bei einigen Arten mehrerer Gattungen (z.B. Andrena, Osmia, Megachile) kommen auch zwei Generationen in einem Jahr zustande, eine Frühjahrs‑ und eine Sommergeneration (bivoltine Arten). Der gesamte Lebenszyklus der Mehrzahl der Arten wird innerhalb eines Jahres vollendet. Dies ist auch bei sozialen Arten wie den Hummeln der Fall. Lediglich die Schmalbienenart Lasioglossum marginatum und die Honigbiene haben mehrjährige Entwicklungszyklen.
Lebenszyklus der Gewöhnlichen Löcherbiene (Heriades truncorum).
Die Honigbiene können wir vom zeitigen Frühjahr bis zum späten Herbst im Freien antreffen, nicht jedoch die überwiegende Zahl der Wildbienen. Mit Ausnahme der eusozialen Arten erscheinen alle Wildbienen zu ganz bestimmten Jahreszeiten. Wir bekommen diese Arten daher nur wenige Wochen im Jahr zu Gesicht. Bei den Sandbienen läßt sich dies besonders deutlich aufzeigen. Einige Arten (z. B. Andrena clarkella, Andrena ruficrus) zeigen sich schon Ende Februar oder Anfang März, während andere erst im August fliegen, wie Andrena marginata, die man in manchen Jahren noch im September beobachten kann.
Bei den solitären und kommunalen Wildbienen kann man grob Frühjahrs‑Arten, Frühsommer‑Arten, Hochsommer‑Arten und Herbstarten unterscheiden. Durch Witterungseinflüsse können sich aber die Erscheinungszeiten auch verschieben. Im höheren Bergland erscheint ein und dieselbe Bienenart zwei bis vier Wochen später als in niederen Lagen.
Die Männchen nahezu aller Gattungen erscheinen bereits vor ihren Weibchen. Dieses Phänomen des früheren Auftretens der Männchen bezeichnen wir als Proterandrie, ein Begriff, der auch in der Botanik im Zusammenhang mit der Reifung der Staubblätter gebraucht wird. Am ausgeprägtesten ist diese Proterandrie bei den Langhornbienen (Eucera) und den Pelzbienen (Anthophora), beträgt hier doch der Unterschied in der Erscheinungszeit von Männchen und Weibchen bis zu drei Wochen.
Bei dem Gros der Bienen beträgt die Differenz etwa acht Tage, bei manchen Arten auch nur drei bis vier Tage. Bei einigen Wollbienen (Anthidium) finden wir sogar die bei Bienen sehr außergewöhnliche Proterogynie, das heißt, bei ihnen erscheinen die Weibchen sogar etwas vor den Männchen. Holzbienen (Xylocopa) und Keulhornbienen (Ceratina) schlüpfen noch im Jahr ihrer Entwicklung, überwintern in beiden Geschlechtern als adulte Tiere in Höhlungen (Xylocopa) oder im Geburtsnest (Ceratina) und paaren sich erst im Frühjahr bzw. Frühsommer.
Eine Überwinterungsgesellschaft aus 7 Männchen und Weibchen der Schwarzglänzenden Keulhornbiene (Ceratina cucurbitina) in einem dürren Brombeerstengel. Markhaltige Stengel werden von dieser Art auch als Nistplatz genutzt.
Das Brutgeschäft beginnen die Weibchen der meisten Arten unmittelbar nach der Begattung. Bei den meisten Furchen- und Schmalbienen (Halictus, Lasioglossum) und Buckelbienen (Sphecodes) sowie bei allen Hummeln und Schmarotzerhummeln (Bombus) überwintern die begatteten Weibchen und schreiten erst nach der Überwinterung zur Brut.
Hier saugt ein Männchen der Frühlings-Pelzbiene (Anthophora plumipes) Nektar in einer Blüte des Winter-Jasmins (Jasminum nudiflorum). Die Weibchen lassen zu dieser Zeit noch auf sich warten.
Die Skabiosen-Sandbiene (Andrena marginata) fliegt im Hochsommer, hier bei der Pollenernte auf dem Teufels-Abbiß (Succisa pratensis).