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Bestimmung der Nestverschlüsse der wichtigsten Arten

Wenn ein Nest in einer Nisthilfe für Bewohner von Bohrungen in Holz oder anderen röhrenförmigen Hohlräumen (Bambusröhrchen, Schilfstengel) fertiggestellt ist, wird man keine Nestbauaktivitäten mehr beobachten können und somit auch nicht anhand des Bienenweibchens feststellen können, um welche Art es sich handelt. Dies gilt erst recht für die Herbst- und Wintermonate, wenn man seine Nester kontrolliert und wissen will, von wem denn nun eigentlich die verschiedenen Nester stammen. Da außer Wildbienen fast immer auch andere Stechimmen an den Nisthilfen auftreten und diese selbstverständlich auch bestimmte Baumaterialien verwenden, habe ich nachfolgend einen Bestimmungsschlüssel erstellt, der helfen soll, die Nestverschlüsse den häufigsten an Nisthilfen auftretenden Arten zuzuorden. (Diesen Schlüssel habe ich erstmals im Rahmen meiner Doktorarbeit im Jahre 1979 erarbeitet.)

Als bildliche Ergänzung des Bestimmungsschlüssels habe ich nachfolgend Fotos von Nestverschlüssen solcher Arten zusammengestellt, die mehr oder weniger regelmäßig an Nisthilfen zu beobachten sind. Durch einen Klick auf die blaue Nummer (Abb. X) kann das dazugehörige Foto direkt geladen werden.

  • Nestverschlüsse
 
 
  • hylaeus_communis_nestverschluss_fs
    Abb.1. Hylaeus communis
    Ein charakteristisches Häutchen als Nestverschluß von Maskenbienen.
  • osmia_leaiana_verschluss-nest_fs
    Abb. 2. Osmia leaiana
    Osmia leaiana, Osmia niveata und Osmia caerulescens verwenden Pflanzenmörtel zum Bau des Nestverschlusses. Sie lassen sich voneinander nicht unterscheiden. Die grüne Farbe verändert sich nach einiger Zeit. Dann sehen die Nestverschlüsse dieser Arten eher braun aus.
  • osmia_brevicornis_08_8635_312_fs
    Abb. 3. Osmia brevicornis
    Charakteristisch am Nestverschluß dieser Art ist, daß dieser nicht am Beginn des Eingangs zum Nest gebaut wird, sondern ca. 5–10 mm davon entfernt im Innern.
  • megachile_nestverschluesse_fs
    Abb. 4. Megachile rotundata (links) und Megachile willughbiella
    Die Blattschneiderbienen, die in vorhandenen Hohlräumen nisten, verwenden unterschiedliche Blattmaterialien zum Nestbau. Megachile rotundata verwendet eher weiche, schon leicht verwelkte Blattstücke von krautigen Pflanzen oder von Blüten, während Megachile willughbiella das Material eher von Sträuchern gewinnt.
  • chelostoma_rapunculi_florisomne_312_fs
    Abb. 5. Chelostoma rapunculi (links) und Chelostoma florisomne
    Auf dem linken Foto sieht man, wie das Weibchen von Chelostoma rapunculi in den weichen und sehr feuchten Nestverschluß kleine (helle) Steinchen einbaut. Das rechte Foto zeigt einen Nestverschluß der nahverwandten Art Chelostoma florisomne im Winterzustand, der durch Pilzbefall schwarz geworden ist, was für diese Art typisch ist.
  • osmia_adunca_nestverschluesse_fs
    Abb. 6. Osmia adunca
    Die beiden Nestverschlüsse in unterschiedlichen Nisthilfen aus Holz zeigen schön die Verwendung von abgenagtem Holz zusätzlich zu dem mineralischen Mörtel.
  • osmia_cornuta_09_1434_fs
    Abb. 7. Osmia cornuta
    Frisch verschlossenes Nest in einem Bambusröhrchen. Beachte die reliefartige Oberfläche des Verschlusses.
  • osmia_cornuta_nestverschluesse_08_9683_680_fs
    Abb. 8. Osmia cornuta
    Sechs verschlossene Nester der Gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta) in zwei Strangfalzziegeln mit einem Gangdurchmesser von 6 mm. Die Oberfläche der Nestverschlüsse ist meist ziemlich rauh.
  • osmia_bicornis_08_4771_680_fs
    Abb. 9. Osmia bicornis
    Die Nestverschlüsse der beiden häufigsten Mauerbienenarten kann man kaum voneinander unterscheiden, es sei denn, man hat die Erbauerinnen bei ihrer Arbeit beobachtet.
  • megachile_ericetorum_08_12174_fs
    Abb. 10. Megachile ericetorum
    Der Nestverschluß dieser Mörtelbienenart unterscheidet sich von dem für den Zellenbau verwendeten Material. Er ähnelt außerordentlich dem von Osmia bicornis und Osmia cornuta. Der von der Art bevorzugte Innendurchmesser bei Nisthilfen ist 6 mm.
  • ancistrocerus_nestverschluss_fs
    Abb. 11. Ancistrocerus spec.
    Das Nest wurde in einem Bambusröhrchen angelegt. Der Nestverschluß ist nur mit Erfahrung von dem von Osmia bicornis zu unterscheiden. Seine Oberfläche ist aber deutlicher geglättet.
  • passaloecus_eremita_08_11388_fs
    Abb. 12. Passaloecus eremita
    Charakteristisch für diese Grabwespenart ist nicht nur die Verwendung von Kiefernharz, sondern auch das Aufbringen kleiner Harztröpfchen rund um den Nesteingang bereits vor Beginn des Eintragens von Blattläusen als Beutetiere (vergrößerter Nestschluß links oben).
  • heriades_truncorum_nestverschluesse_fs
    Abb. 13. Heriades truncorum
    Die Gewöhnliche Löcherbiene verwendet als Grundbaustoff für den Nestverschluß Harz, setzt aber in das Harz allerlei Kleinmaterial wie Sandkörnchen, winzige Steinchen oder kleinste Holzspäne.
  • auplopus_carbonarius_zellen_fs
    Abb. 14. Auplopus carbonarius
    Manche Besiedler unserer Nisthilfen fertigen keinen Nestverschluß, obwohl sie in Hohlräumen, z.B. Bambusröhrchen, nisten. Ein Beispiel hierfür ist die Wegwespe Auplopus carbonarius, die charakteristische Brutzellen aus mineralischem Mörtel baut. In den zwei geöffneten Zellen (unteres Bild) sind die in seidigen, leicht durchsichtigen Kokons liegenden Ruhelarven (Überwinterungsstadium) der Wegwespe zu erkennen.
  • isodontia_mexicana_MG_0003
    Abb. 15. Isodontia mexicana
    Nestverschlüsse in Nisthilfen (Bohrungen von 8 mm Durchmesser in Holz). Nicht immer ragen die Grasblätter aus dem Hohlraum (weit) heraus. Siehe auch diesen Beitrag.
hylaeus_communis_nestverschluss_fs

Vorgehensweise bei der Benutzung des Schlüssels

Schritt für Schritt wird ein Merkmal nach dem anderen geprüft, bis die gesuchte Art bzw. Hautflügler-Gruppe gefunden ist. > 2 bedeutet: weiter bei der angegebenen Zahl in Spalte 1. Zu den jeweiligen Aussagen gibt es zwei mögliche Antworten (Alternativen), nach denen zu weiteren Aussagen verzweigt wird (sogenannter »dichotomer Schlüssel«). Man fährt solange fort, bis keine Auswahl mehr möglich ist und man das Bestimmungsergebnis hat. Im Anschluß an den Schlüssel habe ich Fotos verschiedener Nestverschlüsse zusammengestellt, die mit den Angaben Abb. 2 usw. korrespondieren. Zu beachten sind nicht nur das Baumaterial und das Aussehen des Nestverschlusses, sondern auch, welcher Durchmesser der Gang hat, in dem sich das Nest befindet.

1

Nestverschluß aus einem dünnen oder dickeren Häutchen bestehend  > 2

 

1*

Nestverschluß aus anderem Material  > 3

 

2

Nestverschluß aus einem transparenten, dünnen (cellophanartigen) Häutchen: Hylaeus (Maskenbienen)

Abb. 1

2*

Nestverschluß aus einem dicken, seidigen Häutchen bestehend, ähnlich dem Material eines Spinnenkokons. Manchmal schließt der Nestverschluß nicht vollständig ab oder er wird im Innern des Hohlraums gebaut: Psenulus fuscipennis (Grabwespe)

 

3

Nestverschluß ausschließlich aus pflanzlichem Material  > 4

 

3*

Nestverschluß aus mineralischem Material oder Harz  > 5

 

4

Nestverschluß aus Pflanzenmörtel (zerkaute Blattstückchen), frisch grün, später dunkelbraun bis schwarz, Durchmesser 5–6 mm: Osmia caerulescens, O. leaiana, O. niveata, O. brevicornis (Mauerbienen). Nestverschluß bei O. brevicornis ca. 5-10 mm vom Eingang entfernt.

Abb. 2
Abb. 3

4*

Nestverschluß aus rundlichen Blattstückchen meist von grünen Laubblättern, in seltenen Fällen (Megachile rotundata) auch von roten oder gelben Blüten: Megachile (Blattschneiderbienen)

Abb. 4

5

Nestverschluß aus sandigem oder lehmigem Mörtel  > 6

 

5*

Nestverschluß aus Harz  > 11

 

6

Nestverschluß enthält außer Sand oder Lehm noch weitere sichtbare Beimengungen > 7

 

6*

Nestverschluß ohne Beimengungen  > 8

 

7

In den noch weichen Nestverschluß werden kleine Steinchen (Quarzkörnchen) gesetzt; der Verschluß wird nach dem Trocknen steinhart; Durchmesser 3,5–4 mm:
Bauzeit Mai bis Juni: Chelostoma florisomne (Hahnenfuß-Scherenbiene)
Bauzeit Juni bis August: Chelostoma rapunculi (Glockenblumen-Scherenbiene)

Abb. 5

7*

Auf den Nestverschluß wird eine Schicht aus feinem, meist grauem bis gelblichen Material aufgetragen, das von verwittertem Holz aus der unmittelbaren Umgebung abgeschabt wird: Osmia adunca (Glänzende Natterkopf-Mauerbiene)

Abb. 6

8

Mörtel um den Nesteingang herum glatt verschmiert, der runde Nesteingang ist nicht mehr zu erkennen; Durchmesser 6 mm: Ancistrocerus antilope und Euodynerus quadrifasciatus (solitäre Faltenwespen)

 

8*

Mörtel um den Nesteingang herum nicht wie verputzt  > 9

 

9

Nestverschluß sehr locker, grob, rauh und nicht steinhart werdend
Bauzeit April/Mai: Osmia cornuta (Gehörnte Mauerbiene)
Bauzeit Mai/Juni: Osmia bicornis (Rostrote Mauerbiene)
Bauzeit Juni bis August: Megachile ericetorum (Platterbsen-Mörtelbiene)

Abb. 7,8
Abb. 9
Abb. 10

9*

Nestverschluß feiner und glatter  > 10

 

10

Gangdurchmesser 3-5 mm: Trypoxylon spec. (11 Arten, Grabwespen), Ancistrocerus nigricornis, Odynerus mutinensis, Microdynerus nugdunensis (solitäre Faltenwespen)

Abb. 11

10*

Gangdurchmesser 2-3 mm: Chelostoma campanularum, Chelostoma distinctum (Scherenbienen)

 

11

Um den Nesteingang ein »Ring« aus Harztröpfchen, Nestverschluß aus weißlichem bis gelblichem Harz Passaloecus eremita (Grabwespe)

Abb. 12

11*

Nestschluß mit Beimengungen in Form von Bohrmehl oder anderen Holzpartikeln oder kleinen Steinchen: Heriades truncorum (Gewöhnliche Löcherbiene), Heriades crenulata (Gekerbte Löcherbiene), Passaloecus corniger, Passaloecus gracilis (Grabwespen)

Abb. 13


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