Am 23. August 2007 fand ich in der Nähe von Tübingen ein weiteres größeres Vorkommen des Späten Zahntrosts (Odontites vulgaris) beiderseits eines asphaltierten Feldwegs in einem Streuobstwiesengebiet zusammen mit 5 Weibchen und etwa 10 Männchen von Melitta tricincta. Vor allem am rechten Wegrand läßt die braunrote Farbe einen dichten Bestand des Zahntrosts erkennen. Auch hier ist diese Pflanzenart wie an vielen mir bekannten Wuchsorten mit dem Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) vergesellschaftet. Glücklicherweise wurde hier in diesem Sommer nicht gemäht, so daß sich ein schöner Bestand des einjährigen (sommerannuellen) Zahntrosts entwickeln konnte. Die wichtigsten Voraussetzungen für sein Auftreten sind offene Bodenstellen und eine gute Wasserversorgung. Letzteres bieten vor allem Lehmböden, aber auch schluffreiche Sande oder Feinkiese, weswegen der Späte Zahntrost z. B. auch im Oberrheingraben vorkommt. Offene Bodenstellen werden entweder durch den Tritt von Mensch und Tier oder durch ruppige Mahd geschaffen. Die durch Tritt verursachte Verdichtung des Bodens wird von der Art offenbar gut toleriert.
Nach den ersten Blütenbesuchen ist der Pollen in der Transporteinrichtung der Tibia noch weißlich.
Hier hat das Weibchen schon einige Zeit gesammelt und dem gesammelten Pollen Nektar quasi als »Klebstoff« beigefügt. Als Ergebnis sehen wir einen hellbraunen Pollenballen. Die feuchte und leicht klebrige Pollenmasse läßt sich so besser transportieren.
An den beiden oberen Fotos kann man erkennen, daß die Pollen sammelnden Weibchen stets die gerade frisch aufgeblühten Blüten besammeln. Am Blütenstand der Odontites-Arten blühen die Blüten über einen Zeitraum von mehreren Wochen nacheinander von innen (Stengelnähe) nach außen (Stengelferne) auf, so daß stets frische Blüten, die gerade ihren Pollen präsentieren, vorhanden sind.
Auch an diesem Fundort fand ich nach einer gezielten Kontrolle des Bestandes des Jakobs-Greiskrauts (Senecio jacobaea) ein Weibchen der Kuckucksbiene Nomada flavopicta.
Vereinzelt kann man auch die kleinen Maskenbienen beim Pollensammeln entdecken. Hier klaubt ein Weibchen von Hylaeus communis kopfüber den Pollen aus der Blüte. Es sind Tiere der 2. Generation, die jetzt noch einmal Brutzellen versorgen.
Unter den Hummelarten sind es vor allem Bombus terrestris (hier im Bild) sowie Bombus pascuorum, Bombus sylvarum und Bombus lapidarius, die ich beim Pollensammeln an Odontites vulgaris beobachten konnte. Auch die Hummeln befeuchten den Pollen für den Transport, während die meisten anderen Wildbienen den Pollen trocken nach Hause bringen.
Regelmäßig kann man auch die Arbeiterinnen der Honigbiene beim Nektarerwerb, teilweise auch beim Pollensammeln an Odontites vulgaris finden. Bei einem starken Auftreten und kleinen Zahntrost-Beständen sind Honigbienen als Nahrungskonkurrenten zu betrachten, vor allem, wenn sie es auf den Pollen »abgesehen« haben.
Eine Monographie der Gattung Odontites mit Verbreitungskarten und
einer ausführlichen
taxonomisch-systematischen Bearbeitung hat Bolliger publiziert, dessen Nomenklatur
ich übernommen habe. Nach seinen Angaben ist der Name Odontites männlichen
Geschlechts und der gültige Name für den teils auch heute noch verwendeten,
aber invaliden Namen Odontites ruber ist Odontites vulgaris.
Bolliger, M. (1996): Monographie der Gattung Odontites (Scrophulariaceae)
sowie der verwandten Gattungen Macrosyringion, Odontitella, Bornmuellerantha und Bartsiella. – Willdenowia
26: 37-168.
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