Wildwachsenden Pflanzen standen in den Siedlungen früher nicht nur weit mehr ungenutzte Flächen zur Verfügung, sie wurden auch mehr geduldet als heutzutage, wo sie meist aus »Ordnungsliebe« beseitigt werden, auch wenn dies mittlerweile mit chemischen Unkrautvernichtungsmitteln nicht mehr erlaubt ist. Die nahezu flächendeckende Versiegelung hat das Ihrige zum Rückgang der Wildpflanzen in den Dörfern und Städten getan. Nur noch das sogenannte »Ödland«, wie es in Städten vorübergehend auf unbebauten Grundstücken, auf Straßenbegleitflächen oder im Umfeld von Güterbahnhöfen zu finden ist, bleibt als wichtiges Rückzugsgebiet für zahlreiche Bienenarten, vor allem für solche, für die unsere Gärten keine ausreichenden Existenzbedingungen bieten.
Wildpflanzen, die sich - wie z. B. die Rote Taubnessel oder der Rainfarn - ums Haus herum von selbst einstellen, sollten wir mehr dulden. Viele von ihnen sind ja nicht nur wichtige Nahrungsquellen für Wildbienen, sondern auch eine natürliche Bereicherung der Flora unserer Dörfer und Städte.
Mein Appell: Bringen wir der spontan auftretenden Vegetation wieder mehr Toleranz entgegen!
Rote Taubnessel (Lamium purpureum)
Rainfarn (Tanacetum vulgare).
Die Liebe zum Bestellen eines Gartens ist uralt. Jahrhundertelang boten die alten Kloster- und Bauerngärten mit ihrer bunten Blütenvielfalt zahlreichen Bienenarten Nahrung. Dagegen entsteht durch einen Großteil der heutigen monotonen Ziergärten aus Nadelgehölzen, uniformen Bodendeckern und einem möglichst wildkräuterfreien Rasen und erst recht in sogenannten »Schottergärten« ein großer Nahrungsmangel für Wildbienen. Dieser kann nur durch eine größere Vielfalt in unseren Gärten wieder beseitigt werden.
»Wildgärten« oder »Naturgärten« dienen heimische Lebensgemeinschaften als lebendiges Vorbild der Gartengestaltung. Sie sind für bestimmte Wildbienen zweifellos förderlich. Auch wenn dabei nur ein kleiner Teil der natürlichen Vielfalt Platz findet, dient der Garten doch in erster Linie als Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Ein Naturgarten, der Lebensraum für möglichst viele Wildbienen sein soll, darf aber gar nicht so wild sein und sich völlig selbst überlassen bleiben, sondern er benötigt viel naturgemäße Pflege zur Erhaltung einer großen Pflanzenvielfalt. Viele Anregungen und praktische Beispiele sind auf der Website des Vereins für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung zu finden. Allerdings gehört schon ein wenig Zivilcourage und Pioniergeist dazu, in einer perfekt aufgeräumten Wohnsiedlung von dem üblichen Bepflanzungsschema abzuweichen. Mit Vermietern wie mit »ordentlichen« Nachbarn kann es hier zu handfesten Konflikten kommen, wie auch ich sie schon erlebt habe. Leider hilft hier nicht immer ein aufklärendes Gespräch. In solchen Fällen sollte man dennoch versuchen, seiner eigenen Überzeugung treu zu bleiben.
Teil des früheren Gartens des Autors
Aber auch wenn Gärten in aller Regel andere Bedürfnisse des Menschen befriedigen sollen und der Erholung, dem Anbau von Gemüse, Küchenkräutern oder Blumen dienen, schließt dies nicht aus, daß sie auch die Nahrungsansprüche von Wildbienen berücksichtigen. Einen Ziergarten z.B. können wir mit einer entsprechend bepflanzten Staudenrabatte, mit einem Steingarten oder mit einem Sommerblumenbeet wildbienenfreundlicher gestalten. Selbst im Nutzgarten und auf dem Balkon können wir das Nahrungsangebot für Wildbienen deutlich verbessern.
Bei den hier gemachten Empfehlungen werden ganz bewußt eingebürgerte Gewächse nicht ausgeklammert. Es gibt nämlich durchaus Pflanzenarten, die in Mitteleuropa im engeren Sinne ursprünglich nicht heimisch waren, aber hervorragende Nahrungsquellen für Wildbienen darstellen. Denken wir nur an die Obstbäume, verschiedene Heil- und Gewürzkräuter oder viele Ackerwildkräuter, die schon vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden auf vielerlei Wegen in unserer Raum gelangt sind. Meist stammen diese Pflanzen aus dem Mittelmeerraum oder Vorderen Orient. Da sie in Mitteleuropa nahe Verwandte haben, können sie von entsprechend angepaßten Wildbienenarten leichter genutzt werden als echte »Exoten« wie die Forsythie oder die Balsamine, die ihre Heimat in der Regel in weit entfernten Ländern (z. B. in China bzw. im Himalaya) oder auf anderen Kontinenten haben. Gefüllte Blüten, bei denen die Staubgefäße meist verkümmert sind, haben ihre Bedeutung als Spender von Nektar und Pollen verloren. Solche Zuchtformen sollten wir daher nicht verwenden, wenn wir für Wildbienen und andere blütenbesuchende Insekten etwas tun wollen.
Die Förderung einer vielfältigen Wildflora ist das bei weitem wirksamste Instrument des Wildbienenschutzes in den Gärten: je vielfältiger das Nahrungsangebot, desto mehr Bienenarten können ihre Brut erfolgreich mit Pollen und Nektar versorgen!
Die meisten der auf dieser Website genannten Pflanzen sind in Staudengärtnereien, Samenhandlungen und Baumschulen erhältlich. Es gibt hervorragende Staudengärtnereien mit einem sehr guten Sortiment an einheimischen Wildstauden, die meist auf Wunsch auch versendet werden. Einschlägige Bezugsquellen sind im Internet zu finden (geben Sie das Stichwort »Pflanzeneinkaufsführer» in eine Suchmaschine ein). Mit anderen Gartenbesitzern können wir auch Pflanzen und Samen tauschen. In der näheren Umgebung des Wohnortes kann man auch auf Wiesen, in Kiesgruben, auf Industriebrachen und im Umfeld von Güterbahnhöfen, auf Bahn- oder Straßenböschungen Samen häufiger Arten selbst sammeln, wobei wir selbstverständlich die Eigentumsverhältnisse und sonstige rechtliche Bestimmungen beachten müssen. Auf das Ausgraben von Pflanzen sollten wir generell verzichten. Manche Gemeinden oder Gartenbauvereine veranstalten alljährlich sogenannte Tauschtage, an denen man sein eigenes Pflanzgut mit anderen tauschen kann und auf diese Weise neue Arten erhalten kann.
Straßenbegleitflächen können auch im Siedlungsraum wichtige Nahrungsräume von Wildbienen sein wie hier ein Bestand der Wegwarte (Cichorium intybus).
Entscheidend für die Bedeutung einer Nahrungspflanze ist, ob ihre Blüten den für die Brutversorgung erforderlichen Pollen liefern. Nektarquellen sind vielfach austauschbar, Pollenquellen jedoch nicht, vor allem nicht bei den Pollenspezialisten, den sogenannten oligolektischen Arten.
Diese Fakten sind bei den auf den folgenden Seiten genannten Pflanzen in besonderem Maße berücksichtigt.
Meine Empfehlungen, die sich auf Beobachtungen, Untersuchungen
und Erfahrungen aus über vier Jahrzehnten der Erforschung der Wildbienen stützen, habe ich in mehrere Anwendungsbereiche
gegliedert, die jeweils auf die folgenden Seiten verteilt sind. Die verschiedenen Bereiche und die dabei aufgelisteten Pflanzen habe ich erstmals 1985 in meiner Broschüre zu dieser Thematik behandelt. Sie wurden seither vielfach übernommen, wenn auch meistens ohne Hinweis auf die Quelle, wie überhaupt viel auch von diesem Portal oder aus meinen Büchern kopiert wird.