Heute habe ich einen Waldrand in der Nähe von Rottenburg am Neckar (obiges Foto) aufgesucht, um zu prüfen, ob die Sandbienen-Art Andrena intermedia, die ich hier bereits 1983 nachgewiesen hatte, immer noch vorkommt. An diesem sonnigen und warmen Vormittag entdeckte ich schon nach wenigen Minuten ein Weibchen beim Pollensammeln am Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), der an mehreren Stellen entlang des südexponierten Waldrandes blühte.
Ein Weibchen von Andrena intermedia sammelt Pollen an Hippocrepis comosa und hat schon seine Transporteinrichtungen mit dem weißen Pollen dieses Schmetterlingsblütlers gefüllt.
Während ich dabei war, das Weibchen zu fotografieren, kam plötzlich ein Männchen angeflogen, verharrte kurz im Stehflug hinter dem Weibchen und flog es dann gezielt an. Nach wenigen Sekunden waren beide in Kopula, was ich glücklicherweise fotografisch dokumentieren konnte.
Wie auf dem Bild deutlich zu erkennen ist, hatte das Weibchen bereits reichlich Pollen gesammelt und in der Scopa und der Haarlocke (»Flocculus«) des Trochanters des 3. Beinpaares gespeichert, bevor das Männchen sich mit ihm verpaarte.
Bereits am 8. Juni 1983 hatte ich an exakt der gleichen Stelle ein Pärchen von Andrena intermedia in Kopula gefangen. Die Kontrolle der Belegtiere zeigte, daß das Weibchen ebenfalls Pollen in seinen Transportspeichern hatte, also ebenfalls auf einem Pollensammelflug kopuliert hatte. Mir ist bisher bei den heimischen Andrena-Arten ein solches Verhalten nicht bekannt geworden. Nomalerweise findet die Paarung unmittelbar nach dem Schlüpfen der Weibchen am Nistplatz oder auf Blüten statt. Ob eine mehrfache Kopula bei dieser Art bzw. bei der Artengruppe der Andrena ovatula, zu der Andrena intermedia gehört, regelmäßig vorkommt und welche Funktion sie hat, ist mir nicht bekannt. Ich bin deshalb an weiteren, bislang nicht veröffentlichten Beobachtungen zu diesem Phänomen interessiert.
Unmittelbar nachdem sich das Pärchen gelöst hatte, setzte das Weibchen seinen Pollensammelflug fort.
Andrena intermedia wurde 1870 von Thomson aus Schweden beschrieben. Eine Verbreitungskarte und weitere Literaturangaben zu dieser Art finden sich bei Gusenleitner & Schwarz (2002) (Zitat siehe unten). In der Roten Liste Baden-Württembergs (Westrich et al. 2000) wird die Art als »sehr selten« und »stark gefährdet« eingestuft. Ihr Lebensraum sind vor allem Waldränder und Waldlichtungen der Mittelgebirge und eher kühleren Regionen. Bisher konnte ich in der Pollenladung zweifelsfreier Weibchen nur Schmetterlingsblütler (Fabaceae) nachweisen, so daß diese Art oligolektisch sein dürfte. Mir bekannte Pollenquellen sind Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), Flügel-Ginster (Genista sagittalis) und Rot-Klee (Trifolium pratense). Zur Erhaltung und Förderung dieser Bienenart müssen demnach diese Schmetterlingblütler an Waldinnen- oder -außenrändern in den Monaten Mai und Juni blühen. Das Mähen oder Mulchen von Wegrändern in dieser Zeit führen zu einem Nahrungsmangel. Solche Maßnahmen sind daher bestandsgefährdend und sollten zu dieser Jahreszeit unterbleiben.
Während die Männchen in dieser Artengruppe, zu der neben Andrena intermedia noch Andrena ovatula, Andrena wilkella, Andrena gelriae und Andrena producta (nicht in Deutschland vorkommend) anhand des Baus ihrer Genitalien problemlos unterschieden werden können, lassen sich die Weibchen nur mit viel Erfahrung und in vielen Fällen (A. producta / A. gelriae) gar nicht trennen. Da ich die hier abgebildeten Tiere bald nach der Kopula zur Bestimmung der Natur entnehmen mußte, um sicher zu sein, um welche Art es sich handelte, liegen mir nun zwei zweifelsfreie Weibchen als Referenzexemplare vor.
Gusenleitner, F. & M. Schwarz (2002): Weltweite Checkliste der Bienengattung Andrena mit Bemerkungen und Ergänzungen zu paläarktischen Arten (Hymenoptera, Apidae, Andreninae, Andrena). - Entomofauna, Supplement 12, 1280 Seiten; Ansfelden.
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