Zahlreiche Pflanzen bieten in ihren Blüten an Stelle des Nektars fette Öle in besonderen Organen, den sogenannten Elaiophoren, dar. Das Vorkommen solcher Ölblumen schien auf Südamerika und das Kapland beschränkt, bis der renommierte Blütenökologe Vogel entdeckte, daß es auch bei uns in Europa solche ölproduzierenden Pflanzen gibt. Dabei handelt es sich um mehrere Vertreter der Gattung Lysimachia und zwar um den Gewöhnlichen Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris), den Pfennig-Gilbweiderich (Lysimachia nummularia) und den Drüsigen Gilbweiderich (Lysimachia punctata). Der Hain-Gilbweiderich (Lysimachia nemorum) ist keine Ölblume. Eine Nektarblume, die von Honigbienen, Hummeln und Tagfaltern regelmäßig besucht wird, ist bei uns die nur als Zierpflanze kultivierte, weißblühende Lysimachia ephemerum. Die ebenfalls zuweilen in Gärten gezogene, aus Nordamerika stammende Lysimachia ciliata hingegen ist eine Ölblume.
Die Bindung der Schenkelbienen (Macropis) an Lysimachia-Arten war zwar schon früher bekannt, aber es war Vogel, der 1976 erkannte, daß das Interesse der Schenkelbienen-Weibchen dem Öl gilt, das vom Weibchen als Teil der Brutnahrung und zum Auskleiden der Brutzelle gesammelt wird.
Der Gewöhnliche Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) wächst in moorigen Staudenfluren, an Quellen und Gräben, in Auwäldern, in Moorwiesen und im Weidengebüsch.
Der Drüsige Gilbweiderich (Lysimachia punctata) stammt aus dem ostmediterran-pontischen Raum und erreicht in Niederösterreich seine natürliche Nordgrenze. Bei uns wird er als Gartenstaude gezogen und ist gelegentlich verwildert. Er liebt trockenere Standorte als L. vulgaris und beginnt etwa zwei Wochen früher zu blühen.
Ein Weibchen der Auen-Schenkelbiene (Macropis europaea) hat bereits reichlich Pollen und Öl gesammelt und in der Transportbehaarung von Tibia und Metatarsus der Hinterbeine gespeichert.
Ein Weibchen der Auen-Schenkelbiene (Macropis europaea) hat gerade eine Blüte verlassen, in der es Blumenöl und Pollen gesammelt hat.
Besondere Saugpolster an den Innenflanken und der Vorderseite des ersten und zweiten Beinpaares werden beim Blütenbesuch der Öldrüsen-Oberfläche aufgedrückt, wodurch das Öl absorbiert wird. Während des Blütenbesuchs wird auch Pollen von den Staubgefäßen auf der Bauchseite übernommen, der im Fluge in die Sammelbehaarung der Hinterbeine übertragen wird. Beide Blütenprodukte vermischen sich dort zu einem gelben, glänzenden Brei. – Wald-Schenkelbiene (Macropis fulvipes) an Drüsigem Gilbweiderich (Lysimachia punctata).
Auffällig ist, daß die Bienen beim Blütenbesuch die Hinterbeine weit hochstrecken. Dieses Verhalten kann man unterschiedlich deuten: Es könnte das vorzeitige Abstreifen des Pollens verhindern; als wahrscheinlicher erscheint jedoch ein Abwehrverhalten gegen paarungswillige Männchen, da das Wegstrecken der Hinterbeine auch dann erfolgt, wenn die Weibchen nicht sammeln. – Macropis fulvipes an Lysimachia punctata.
Ein Männchen von Macropis europaea rastet auf einem Blatt. Der deutsche Name »Schenkelbienen« kommt von den verdickten Hinterbeinen der Männchen. Diese sind durch ihre auffallend gelbe Gesichtszeichnung und ihre Patrouillienflüge mit etwas Übung gut von anderen Bienen zu unterscheiden.
Ein Männchen von Macropis fulvipes will gerade die Blüte des Sumpf-Storchschnabels (Geranium palustre) verlassen, in dem es Nektar getrunken hat.
Da die Ölblumen keinen Nektar liefern, ist das Weibchen von Macropis europaea gezwungen, zwischendurch Nektar zu trinken, hier an einer Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense). Beachte die mächtigen Pollen-Öl-Ladungen.
Die Schenkelbienen sammeln auch den Pollen für ihre Brut ausschließlich an den genannten Lysimachia-Arten. Dabei ist aufgrund der bevorzugten Lebensräume und unterschiedlichen Flugzeiten der Bienen und der unterschiedlichen Standorte und Blühzeiten Lysimachia punctata die Hauptpollenquelle von Macropis fulvipes und Lysimachia vulgaris die von Macropis europaea. Die Männchen besuchen ebenfalls diese Gilbweiderich-Arten, allerdings ausschließlich zur Weibchensuche und zur Paarung.
Beide Geschlechter versorgen sich mit Nektar in den Blüten vielerlei anderer Pflanzen. In Bezug auf diese Nektarquellen liegt keine Spezialisierung vor. Sie sind daher austauschbar.
Hochstaudenflur mit dem Gewöhnlichen Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris), Lebensraum von Macropis europaea.
Für weitere Details und die darauf basierenden Publikationen sei auf mein Werk »Die Wildbienen Deutschlands« verwiesen.
Sporopollenine sind oxydative Polymere aus Carotinoiden und Carotinoid-Estern.