Ein Männchen von Melitta tricincta beim Abflug von der Blüte des Späten Zahntrosts (Odontites vulgaris). Die gerade zum Nektartrinken besuchte Blüte ist im männlichen Stadium. Kopf und Vorderrücken der Biene sind derart reichlich mit dem weißen Pollen bestäubt, daß ein Teil davon beim Wegfliegen abfällt. Die Pollen sind als weiße Punkte zwischen der Blüte und der Biene zu erkennen. Die Aufnahme enstand am 18.08.2007 bei Reutlingen am Fuße der Schwäbischen Alb. Melitta tricincta kommt zwar in ganz Deutschland vor, ist aber überall selten und meidet die höheren Lagen der Gebirge.
Bei dem noch recht frischen Männchen am Blütenstand von Odontites vulgaris sieht man schön, daß der Pollen auf der Stirn abgelagert wurde. Wenn die Biene eine Blüte im weiblichen Stadium besucht, kommt die Narbe genau mit dieser Körperstruktur in Kontakt, so daß Melitta tricincta an den Orten ihres Vorkommens ein legitimer Bestäuber dieses Braunwurzgewächses ist. Dies gilt für Männchen wie für Weibchen.
Der zu den Sommerwurzgewächsen (Orobanchaceae) (früher Scrophulariaceae) gehörende Späte Zahntrost (Odontites vulgaris) ist in Mitteleuropa die Hauptpollenquelle der Zahntrost-Sägehornbiene (Melitta tricincta). Die Aufnahme entstand 2006, als in einem nur extensiv mit Schafen beweideten Gebiet weit über tausend Exemplare blühten. Durch die 2007 erfolgte, großflächige Koppelschafhaltung ist der Späte Zahntrost in diesem Gebiet extrem zurückgegangen, so daß das Pollenangebot für Melitta tricincta in diesem Jahr weitaus geringer ist. Melitta tricincta ist zwar auf dynamische Prozesse angewiesen und auch daran angepaßt; doch wenn die Nahrungsgrundlage fehlt, nützt auch diese Flexibilität nichts. An drei der mir bisher bekannten Lokalitäten im Raum Tübingen-Reutlingen wurden die Bestände von Odontites vulgaris durch falsch verstandene Ordnungsliebe und den Einsatz von Rasenmähern und Schlegelhäckslern vernichtet. Aktuelle Nachweise an diesen Stellen waren deshalb trotz gezielter Suche nicht mehr möglich.
Ein Weibchen hat seine Transporteinrichtungen an den Hinterbeinen schon reich mit Pollen gefüllt, der ausschließlich von Odontites vulgaris stammt. Melitta tricincta ist eine streng oligolektische Art und beim Pollensammeln auf spät blühende Vertreter der Gattung Odontites (Zahntrost) spezialisiert.
Zur Oligolektie der Bienen siehe die Details auf dieser Seite. Ein weiteres Foto eines pollensammelnden Weibchens dieser Art findet sich in dieser Galerie (Bild Nr. 14).
Auf diesem Foto sieht man gut, daß die Pollenladung zweigeteilt ist. Dies rührt daher, daß sowohl die Transportbehaarung der Tibia (Scopa) als auch des kleineren Metatarsus als Transporteinrichtungen genutzt werden. Die gerade des Nektars wegen besuchte Blüte ist bereits im weiblichen Stadium. Oberhalb des Bienenrückens ist der Griffel mit der rundlichen Narbe zu sehen.
Aufgrund der engen Bindung an bestimmte Odontites-Arten gehört Melitta tricincta zu den erst zum Ende der Vegetationsperiode auftretenden Bienenarten. 2007 konnte ich bereits am 18. August ein Weibchen beim Pollensammeln beobachten. Am 19. August sah ich ganz in der Nähe des Nistplatzes an einem südwestexponierten Waldrand, wo die Art im Boden nistet, gleichzeitig zwei Weibchen beim Pollensammeln. Je nach Blühdauer der Pollenquelle und der Witterung fliegen die Weibchen bis etwa Mitte September.
Bereits 1978 und 1984 konnte ich die Wespenbienenart Nomada flavopicta im Raum Tübingen als Kuckucksbiene von Melitta tricincta feststellen. Nun gelang mir heute ein weiterer Nachweis dieser Wirts-Parasit-Beziehung bei Reutlingen. Während Melitta tricincta nur am Zahntrost zu beobachten ist, trifft man die bei ihr schmarotzenden Nomada flavopicta nie an dieser Pflanze an. Alle Beobachtungen meinerseits stimmen darin überein, daß das Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) als Nektarquelle bevorzugt wird, das oft in Gesellschaft des Späten Zahntrosts wächst. Früher fliegende Populationen von Nomada flavopicta parasitieren bei Melitta leporina (Luzerne-Sägehornbiene) und bei Melitta haemorrhoidalis (Glockenblumen-Sägehornbiene).
Auf diesem in unmittelbarer Nähe des Nistplatzes blühenden Exemplar des Jakobs-Greiskrauts (Senecio jacobaea) fand ich das nachfolgend abgebildete Weibchen von Nomada flavopicta.
Ein Weibchen der bei Melitta tricincta schmarotzenden Wespenbienenart Nomada flavopicta beim Nektartrinken auf dem Blütenköpfchen von Senecio jacobaea.
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