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Die Steinhummel - Das Insekt des Jahres 2005
Artenschutz

Nicht zuletzt aufgrund ihrer hohen Bedeutung als Bestäuberinsekten hat der deutsche Gesetzgeber sämtliche Bienenarten unter besonderen Schutz gestellt. Allerdings ist ihm da eine fachliche Ungenauigkeit unterlaufen. Der Anhang zur Bundesartenschutzverordnung stellt alle heimischen Arten von »Bienen und Hummeln« unter Schutz, obwohl doch Hummeln, zoologisch betrachtet, ebenfalls Bienen sind. Vielleicht zeigt sich hier, wie stark der zoologische Laie Hummeln von anderen Bienen trennt. Möglicherweise wollte man auch nicht auf den gut bekannten Begriff »Hummeln« verzichten, weil nach wie vor viele Menschen den Begriff »Biene« so sehr mit der einen Art Honigbiene verbinden, daß es ihnen schwer fällt, auch noch andere Insektenarten als Bienen zu bezeichnen. In Falle der Bundesartenschutzverordnung jedenfalls wäre es richtiger gewesen die Formulierung »Bienen einschließlich Hummeln« zu wählen.

Bombus lapidarius ist eine der häufigsten Hummelarten Mitteleuropas und in allen deutschsprachigen Ländern so gut wie flächendeckend verbreitet. In Deutschland gilt diese Hummelart als ungefährdet ( Westrich et al. 1998, 2012). In der aktuellen Roten Liste der Bienen Baden-Württembergs (Westrich et al. 2000) wurde sie der Bestandsgrößen-Klasse »häufig« zugeordnet, der Klasse mit der größten Zahl an Nachweisen bezogen auf die Topographischen Karten 1:25000. Allerdings darf man aus der nach wie vor befriedigenden Bestandssituation von Bombus lapidarius nicht auf eine gleich gute Situation bei anderen Hummelarten schließen. Im Bezugsraum Deutschland stehen nach Westrich et al. (1998) 39% der Hummelarten auf der Roten Liste: Drei Arten gelten als »ausgestorben oder verschollen« (Bombus alpinus, B. cullumanus, B. mesomelas), vier Arten als »stark gefährdet« (Bombus confusus, B. distinguendus, B. muscorum, B. pomorum) und drei Arten als »gefährdet« (Bombus jonellus, B. ruderarius, B. veteranus); von sechs Arten ist eine »Gefährdung anzunehmen« (Bombus flavidus, B. mendax, B. quadricolor, B. ruderatus, B. sichelii, B. subterraneus).

Bombus lapidarius

Eine Königin der Gartenhummel (Bombus hortorum) beim Blütenbesuch an der Gefleckten Taubnessel (Lamium maculatum).

Warum trotz veränderter Landnutzung in den vergangenen Jahrzehnten einige Hummelarten stark zurückgegangen, andere wie Bombus lapidarius, B. pascuorum und B. pratorum nach wie vor aber häufig sind, bedarf weiterer Untersuchungen. Es fällt aber auf, daß es sich bei den rückläufigen Arten um solche des Offenlandes handelt, die ihren Siedlungsschwerpunkt in Lebensräumen haben (hatten), die als Folge der Landnutzung in den vergangenen Jahrzehnten flächenmäßig deutliche Verluste erlitten haben oder deren Qualität als Nist- und Nahrungsraum sich im Vergleich zur historischen Situation deutlich verschlechtert hat. Es sind dies vor allem die Lebensräume der extensiv genutzten, an Kleinstrukturen ehemals viel reicheren kleinbäuerlichen Kulturlandschaft. Hinzu kommt die Notwendigkeit eines räumlichen Verbunds mehrerer Teillebensräume (Nistplatz, Nahrungsraum), der ebenfalls u.a. als Folge von Flurbereinigungen und der nachfolgend intensivierten Nutzung vielfach zerstört wurde. Hummeln benötigen außerdem ausreichend große Bestände bestimmter Nektar- und Pollenquellen und ein über mehrere Monate in der Nestumgebung vorhandenes Nahrungsangebot. Wo sollen z.B. die Nestgründerinnen genügend Nahrung für den Aufbau eines Volkes finden, wenn bereits Anfang Mai das gesamte Wirtschaftsgrünland gemäht und das Mähgut zur Silierung in Plastik verpackt wurde?

Die heutige Landwirtschaft ist neben der enormen Inanspruchnahme naturnaher Lebensräume für Baumaßnahmen auch im Falle der Hummeln wie bei vielen anderen Bienenarten der Hauptverursacher des Artenrückgangs.

Hummeln in Nistkästen zu halten ist sehr reizvoll und bietet vielerlei interessante Beobachtungsmöglichkeiten. Darüber hinaus ist sie bei anspruchslosen Arten (Bombus lapidarius, B. pascuorum, B. pratorum) auch nicht allzu schwer. Anleitungen zur erfolgreichen Haltung finden sich in dem Hummelbuch von Hagen & Aichhorn (2014) und in meinem Buch »Wildbienen - die anderen Bienen«. Dabei geht es aber in erster Linie nicht um die Erhaltung und Förderung gefährdeter Arten, sondern um Möglichkeiten für eigene Beobachtungen und pädagogische Zwecke. Es empfiehlt sich, bei der nächsten zuständigen Behörde eine Ausnahmegenehmigung einzuholen und am besten auch bei einer Person, die schon Erfahrung in diesem Bereich hat, »in die Lehre zu gehen«. Nisthilfen allein reichen aber nicht aus. Zur Förderung der derzeit ungefährdeten Hummelarten gehört selbstverständlich vor allem die Verbesserung ihres Nahrungsangebots z.B. durch eine entsprechend bepflanzte Staudenrabatte, einen Steingarten oder eine Blumenwiese. Entsprechend vielfältig strukturierte Gärten und Parks können bis zu 9 Hummelarten und 7 Kuckuckshummelarten ausreichende Existenzbedingungen bieten.

Maßnahmen im Garten ersetzen aber keinesfalls die für die gefährdeten Hummelarten erforderlichen Artenschutzmaßnahmen in der Agrarlandschaft.

Besonders wichtig sind:

  • Duldung und Förderung von Ruderalstellen
  • Verzicht auf die Mahd von Säumen magerer oder nährstoffreicher Standorte (Weiße Taubnessel!) entlang von Hecken und Waldrändern während der Vegetationsperiode.
  • Förderung des Anbaus von Rotklee, ersatzweise Anlage von Randstreifen mit Rotklee und Hornklee zusätzlich zur Anlage blumenreicher Ackerrandstreifen vor allem in Getreideanbaugebieten; Rotkleeäcker auf Teilflächen blühen lassen.
  • Erhaltung ungemähter Flächen auf Böschungen und Abhängen zur Schonung von Hummelnestern der Krautschicht und von Überwinterungsplätzen.
  • Räumlich und zeitlich versetzte Mahd des mageren Grünlands in und außerhalb von Naturschutzgebieten.
  • Intensivierung der Forschung zur Ökologie der heimischen Hummelarten, insbesondere verstärkte Untersuchungen über Aktionsradien, Ausbreitungsstrategien, Nahrungsgrundlagen und Überwinterungsplätze.