Schon seit 10 Jahren blüht alljährlich im Juli und August in meinem Garten ein prächtiges Exemplar des Gewöhnlichen Wasserdosts (Eupatorium cannabinum). Dessen Blüten und Besuchern habe ich in diesen Tagen meine besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Gewöhnlicher Wasserdost (Eupatorium cannabinum) in meinem Garten.
Auffällig viele Blütenbesucher aus verschiedenen Insektenordnungen nutzen das reiche Blütenangebot. Bei trockenem Wetter lassen sich problemlos zwanzig bis dreißig verschiedene Arten von Fliegen unterscheiden, unter denen Schwebfliegen einen hohen Anteil haben. Regelmäßig verköstigen sich auch verschiedene Tagfalter mit Nektar. Weil diese so häufig zu beobachten sind und sie der Nektar aufgrund der Verengung der nektarführenden Kronröhre für sie gut zugänglich ist, zählt Kirchner (1911: 352) den Wasserdost zu den Tagfalterblumen. Was die Hautflügler (Hymenoptera) betrifft, so kann man oft sowohl Arbeiterinnen als auch Männchen verschiedener Hummelarten beim Nektartrinken antreffen. Auch Knuth (1898) führt neben Halictus-Arten auch Hummeln als Blütenbesucher auf, gibt aber nicht die Zwecke des Blütenbesuchs an. Honigbienen, die Nektar oder auch Pollen sammeln, sieht man ebenfalls häufig. Immer wieder sah ich auch Grabwespen (Cerceris rybyensis) und Faltenwespen (Polistes dominula). Hornissen gehen hier oft erfolgreich auf Jagd.
Jedes Köpfchen des zu den Korbblütlern (Asteraceae) zählenden Wasserdosts enthält 4–5 trübrötliche Blüten. Da mehrere hundert Köpfchen zu dichten, doldenrispigen Blütenständen zusammengefaßt sind, sind sie sehr auffällig. Dies wird noch durch die weit herausragenden weißen Griffeläste und die Umrandung der rötlichen Hüllblatter betont. Im ersten (männlichen) Blütenzustand befindet sich der mit Narbenpapillen besetzte Teil des Griffels noch in der Kronröhre. Nur die mit Fegehaaren besetzten oberen drei Viertel der Griffeläste ragen frei hervor. Die an den Fegehaaren haftenden Pollenkörner können von Insekten abgestreift werden. Im weiblichen Blütenzustand treten auch die unteren Teil der Griffeläste aus dem Kronglöckchen hervor, so daß am Nektar interessierte Insekten die Narben berühren müssen (Knuth 1898). Fremdbestäubung ist dadurch gesichert, ebenso gut ist aber Selbstbestäubung möglich, wenn die Fegehaare noch mit Pollen behaftet sind, wenn die unteren Teile der Griffel hervortreten. Fremdbestäubung ist bei ausbleibendem Insektenbesuch auch dann möglich, wenn sich die Griffeläste so weit auseinanderspreizen, daß sie die Narben benachbarter Blüten berühren. Dies nennt man Geitogamie.
1. Ein vierblütiges Köpfchen im männlichen Zustand.
2. Eine einzelne Blüte im weiblichen Zustand. Jeder Griffelast ist von a bis
b an jedem der beiden Ränder mit einem Streifen Narbenpapillen, von b bis c ringsum
mit Fegehaaren besetzt (aus Knuth 1898: 571).
Zwar sind immer wieder Honigbienen als Pollensammler zu finden, jedoch habe ich bislang noch keine pollensammelnde Wildbiene am Wasserdost beobachtet, vielleicht, weil ich bislang noch nie so richtig darauf geachtet habe. Heute jedoch fielen mir drei Weibchen der weitverbreiteten Sandbiene Andrena flavipes auf, die während des gesamten Tages eifrig den weißen Pollen des Wasserdosts sammelten. Unterscheiden konnte ich die drei zur 2. Generation gehörenden Weibchen anhand ihres »Erhaltungszustandes«, vor allem an den mehr oder weniger abgeriebenen Endbinden der Tergite.
Dieses Weibchen von Andrena flavipes hat
schon einiges von dem weißen Wasserdost-Pollen gesammelt und in seinen
Transporteinrichtungen gespeichert.
(Zusätzlich zur Beobachtung hat die mikroskopische Pollenanalyse die Herkunft
des Pollens bestätigt, der zur Gruppe der Helianthus- oder Sonnenblumen-Form
gehört.)
Das obere Weibchen von hinten betrachtet. Hier ist gut erkennbar, daß der Pollen außer in der Schienenbürste (Scopa) auch in der Haarlocke des Hinterschenkels (Femur) gespeichert wird.
Diesem Weibchen fehlen die typischen Endbinden der Rückensegmente (Tergite) des Hinterleibs. Letztere sind bei dem oberen Tier noch erhalten. Dies erschwert Unerfahrenen die Bestimmung. Die Pollenspeicher sind bereits stark mit weißem Wasserdost-Pollen gefüllt. Sehr gut zu sehen ist auch, daß der Pollen außer in der Scopa und den Haarlocken des Femurs auch in den Haaren des hinteren Teils des Thorax (Stutz) gespeichert wird. Dadurch kann diese Sandbiene auf einem Sammelflug besonders viel Pollen sammeln.
Die Pollenspeicher dieses Weibchen sind mit leuchtend gelbem Pollen gefüllt. DIeser kann demnach nicht vom Wasserdost stammen. Tatsächlich hat das Weibchen vorher wenige Meter entfernt an meinem Bestand des Bitterkrauts (Picris hieracioides) gesammelt und besucht den Wasserdost offensichtlich nur, um vor dem Heimflug noch einmal Nektar zu trinken. Dieses Weibchen ist schon ziemlich »abgeflogen«, wie es im Fachjargon heißt. Seine Flügelränder sind schon stark ausgefranst. Die Aufnahme entstand um 10:38h und damit zu einer Tageszeit, in der die Köpfchen des Bitterkrauts noch geöffnet sind.
Es ist nicht überraschend, daß ausgerechnet Andrena flavipes Wasserdost als Pollenquelle zu nutzen vermag, gehört diese Sandbiene doch zu den polylektischen Bienenarten mit einer besonders großen Flexibilität beim Pollensammeln.
Andere Arten, die ich beobachtet habe, sind in nachfolgender kleiner Diaschau zusammengestellt und erläutert. Bitte mit der Maus über ein Bild fahren und durch Klicken auswählen.
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