Megachile parietina – Männchen. 14–17 mm.
Mit typischer Färbung: Gesicht weißlich. Scheitel, Thorax und Tergite 1–3 rostrot, 4–7 schwarz behaart. Tergit 6 mit vielen feinen Dornen. Tarsen
schwarzbraun oder rötlichbraun (bei
M. pyrenaica auffallend hellrot).
Südeuropa; in Mitteleuropa nur sehr zerstreut in wärmeren Lagen, in historischer Zeit nordwärts bis Mitteldeutschland; in den Alpen bis 2000 m ü. NN. – In Deutschland aktuell nur noch in Baden-Württemberg mit drei Populationen im Nördlinger Ries, im Hegau und am oberen Neckar sowie ein Vorkommen im südlichen Saarland (Bliesgau) (Faunistische Literatur siehe Westrich 2019).
Ursprüngliche Lebensräume der Art sind Flußauen mit einer natürlichen Hochwasserdynamik und Felshänge in Gebirgen. Lebensräume in der Zivilisationslandschaft sind Trockenhänge mit Felsbildungen, vereinzelt auch Steinbrüche und Kiesgruben. In früheren Jahrzehnten trat die Mörtelbiene regelmäßig auch im Siedlungsbereich auf, wo sie heute nur noch sehr vereinzelt anzutreffen ist. Als Nistplätze dienen Felsen, auch einzelne größere oder kleinere Gesteinsbrocken (Findlinge), Gemäuer (Hauswände, Trockenmauern, Uferbefestigungen, Brückenaufbauten) und sonstige vom Menschen geschaffene Strukturen (Beispiele hierfür finden sich auf dieser Seite).
Naturschutzgebiet »Goldberg« im Osten Baden-Württembergs, Nist- und Nahrungsraum einer kleinen Population von Megachile parietina (2007). Die hölzerne Abschrankung, die im Rahmen eines Artenschutzprojektes errichtet wurde, soll Besucher von einem Betreten der Felsbereiche und damit der Nistplätze abhalten. Eine Tafel erläutert die Gründe für das Betretungsverbot.
Hundsheimer Berg in Niederösterreich nahe der Grenze zur Slowakei mit Felshängen, Schutthalden und Trockenrasen, ein naturnaher Lebensraum der Schwarzen Mörtelbiene.
Die Nester sind Freibauten in eckigen Vertiefungen von Felsen und Steinen oder auf deren Oberfläche, unter günstigen Umständen in kleineren Ansammlungen (Ansammlungen von 10–30, selten mehr Nestern). Ältere Bauten werden meist wieder bezogen. Als Baumaterial für die innen fein geglätteten, fingerhutförmigen, bis zu 16 Brutzellen pro Nest dienen Mörtel (trockener Gesteinsgrus oder Sand, mit Speichel und Nektar durchfeuchtet) und Steinchen. Daher muß auch eine »Materialentnahmestelle« in der Nähe des Nistplatzes liegen. Der fertige Nestkomplex ähnelt einem halbkugelförmigen Lehmballen. Recht oft wird dieser mit dem Nest der solitären Faltenwespe Delta unguiculatm verwechselt (Herrmann 2007).
Bereits Réaumur (1748) und Schaeffer (1764) haben das Leben von M. parietina in Wort und Bild geschildert. Durch zahlreiche weitere Autoren wurden deren Beobachtungen bestätigt und ergänzt (u. a. Fabre 1879‑1886, Lampert 1886, Frey-Gessner 1897, Strojny 1963, 1975). Schremmer (1960) hat das Nestbauverhalten gefilmt.
Die Mörtelbiene beim Glätten der Wandung einer Brutzelle.
Nektarabgabe. Der leuchtend gelbe Pollen in der Bauchbürste stammt von der Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia).
Die Mörtelbiene ist rückwärts in die Zelle geschlüpft, um den Pollen abzubürsten.
Bei der Eiablage auf den recht flüssigen, weil nektarreichen Futterbrei. Beachte: Das Weibchen hält den für die Primärverdecklung benötigten Mörtel bereits in ihren Mandibeln.
Unmittelbar nach der Eiablage wird mit dem Mörtelballen der Primärdeckel gebaut.
Erst jetzt fliegt die Mörtelbiene wieder weg, um die Brutzelle mit einer zusätzlichen Mörtelschicht zu überdecken.
Neben zwei fertigen und deswegen bereits mit einer Mörtelschicht überzogenen
Brutzellen wurde eine neue Brutzelle begonnen. Hier ist der Grundaufbau mit kleinen
Steinchen gut zu sehen. Erst nach der Eiablage und nach der Herstellung des Primär-
und Enddeckels wird die meist vertikal orientierte Brutzelle mit einer zusätzlichen
Mörtelschicht überzogen.
Aufgrund der zweijährigen Entwicklung müssen die Zellen außerordentlich
witterungsresistent sein. Durch die Verwendung von körpereigenem Speichel
wird der Mörtel
später hart wie Beton und leistet selbst einem Messer erheblichen Widerstand.
Vom Baubeginn bis zur Verdeckelung vergehen, je nach Witterung, meist vier Tage,
unter besonders günstigen Umständen schafft die Mörtelbiene den Bau und die Verproviantierung
der Zelle auch in zwei Tagen. Der größte natürliche Feind dieser Bienen sind
langanhaltende Schlechtwetterperioden.
Fertiges, im Mai 1990 am Hirschauer Berg bei Tübingen gebautes Nest Der rötliche Ton des Baumaterials rührt von den teils rötlich, teils grünlich gefärbten »Bunten Mergeln« her, einer Schichtstufe des Keupers, die hier charakteristisch ist. [Im Vergleich zu dem Bild darüber etwa um den Faktor 2 verkleinert.]
Frische und ältere Nester auf der Südseite eines Ziegelgebäudes (23. Mai 2007).
Nester an und neben nicht mehr genutzten Isolatoren eines Kraftwerks im Neckartal (29. August 2012).
Zwar ist die Art polylektisch, bevorzugt aber Fabaceae (Schmetterlingsblütler) und Lamiaceae (Lippenblütler) als Pollenquellen. Die größte Bedeutung hat zweifellos die Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia).
Die Weibchen sammeln bis zu 300 m weit entfernt vom Nest.
Weibchen an einem Blütenstand der Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia), der an den meisten Lokalitäten Süddeutschlands bevorzugten Pollenquelle der Art.
Hauptsächlich Stelis nasuta, aber auch Dioxys tridentata. Im südlichen Mitteleuropa und in Südeuropa auch Dioxys cincta.
Univoltin. Flugzeit von Mitte/Ende April bis Ende Juni. In Mitteleuropa zweijährige Entwicklung. Im Mai schlüpfende Tiere überwintern als Imago im Kokon.
Die wärmeliebende und auffällige Art ist im gesamten Mitteleuropa seit Jahrzehnten im Bestand rückläufig, worüber verschiedene Autoren schon seit 1925 immer wieder berichtet haben. In Baden-Württemberg war die Art früher ebenfalls häufiger. Sie kam sogar in einer ganzen Reihe von Dörfern und Städten (Karlsruhe, Stuttgart, Nürtingen) vor. Schon nach 1950 zeigte sie gravierende Rückgangserscheinungen. Alle Populationen mit Ausnahme derer im Hegau und im Nördlinger Ries erloschen. Eine 1990 von mir versuchte Wiederansiedlung im Neckartal erwies sich bis dato (2020) als erfolgreich. Die Erhaltungsmaßnahmen müssen sich demnach in Baden-Württemberg auf diese drei Vorkommen konzentrieren, bei denen unter Einsatz aller Möglichkeiten noch eine Chance für eine langfristige Erhaltung besteht. 2011 wurde im südlichen Saarland ein weiteres Vorkommen entdeckt, für dessen Erhaltung bislang keine wirksamen Maßnahmen durchgeführt wurden. Auch die Lebensräume der letzten Vorkommen in der Nordschweiz sind unbedingt vor einer Rekultivierung (Aufforstung, Verfüllung) zu bewahren. Durch gezielte Pflegemaßnahmen ist die Offenhaltung aller Nistplätze zu gewährleisten. In der Umgebung sind Magerwiesen, vor allem solche mit größeren Vorkommen der Futter-Esparsette durch eine Fortführung der extensiven Nutzung zu sichern oder neu zu begründen. Die erste Mahd sollte hier nicht vor Mitte Juni erfolgen.
Rote Liste Deutschland: Vom Aussterben bedroht (1).
Herrmann, M. (2007): Zur Unterscheidung der Nester der Schwarzen Mörtelbiene (Megachile (Chalicotoma) parietina) (sic!) und der Deltawespe (Delta unguiculatum) in Mitteleuropa. – bembiX 25: 10–14.
Rebmann, O. (1969): Zur Nestbauweise von Megachile (Chalicodoma) parietina Fourcroy (Hym., Apidae). – Entomol. Z. 79: 138–139.
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands.– 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Ein Weibchen beim Blütenbesuch an der Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia).
Ein Weibchen saugt am Nachmittag Nektar an der Blüte eines Rosenginsters (Cytisus purpureus). Die Aufnahme entstand am 29. April 2006 inmitten einer Ortschaft nahe der österreichisch-slowakischen Grenze. In der Umgebung gibt es ausgedehnte Trockenrasen mit vielen Felsen, auf deren Oberfläche die Mörtelbiene ihre Nester baut.
Ein Weibchen sammelt Baumaterial für den Bau der Brutzelle.
Nach dem Abstreifen des Esparsetten-Pollens in typischer Färbung schwimmt dieser auf dem zuvor abgegebenen Nektar.