Eucera nigrescens - Männchen. 12–15 mm. Labrum und Clypeus ganz gelb. Thorax oben und unten braungelb behaart. Mesonotum wie beim Weibchen matt und nur zerstreut punktiert.
Eucera nigrescens - Männchen, frontal.
Eucera nigrescens - Weibchen, frontal.
Der wissenschaftliche Gattungsname Eucera geht auf die beiden griechischen Wörter eu = gut und cera = Hörner zurück, die sich auf die langen Fühler (= Antennen) der Männchen beziehen. Bei vielen Arten der Gattung Eucera sind die Fühler oft länger als der Körper und geben den Bienen vor allem beim Flug ein eigentümliches Aussehen.
Der deutsche Name Mai-Langhornbiene für die hier dargestellte Art stammt aus meiner »Feder«. Ich habe ihn 1984 erstmals in der Roten Liste der Stechimmen Baden-Württembergs verwendet. Er bezieht sich auf den Monat Mai als Hauptflugzeit der Art. Entsprechend gebildet wurde der deutsche Name der nächstverwandten Art Eucera longicornis (Juni-Langhornbiene). In neueren Publikationen anderer Autoren werden diese Namen auch verwendet, ohne jedoch ihre Herkunft anzugeben.
Süd- und Mitteleuropa; im Westen bis England. – In Deutschland keine Verbreitungsgrenze, daher auch im Norden; mit Ausnahme von Schleswig-Holstein in allen Bundesländern nachgewiesen. Österreich, Schweiz. Im allgemeinen weit verbreitet in Lagen unter 500 m, nur vereinzelt auch in Lagen zwischen 500 und 800 m (Schwäbische Alb, Schwarzwald).
In erster Linie dort anzutreffen, wo es reiche Bestände der Zaun-Wicke (Vicia sepium) gibt. Der Siedlungsschwerpunkt liegt daher in Fettwiesen, insbesondere in zweischürigen Streuobstwiesen der Hanglagen des Hügellandes und der Mittelgebirgsvorländer sowie auf den Hochwasserdämmen der Oberrheinebene; auch in warmen Gebüsch- und Waldsäumen.
Ein Bestand der Zaunwicke (Vicia sepium) auf einer Wiese im Mittleren Albvorland bei Göppingen, charakteristischer Lebensraum der Mai-Langhornbiene. Die Zaunwicke als wichtigste Pollenquelle der Mai-Langhornbiene verträgt häufiges Mähen nicht. Mit ihrem Verschwinden erlöscht auch der lokale Bestand der Langhornbiene. Wiesen, die noch eine Funktion als Lebensraum dieser Wildbienenart haben sollen, dürfen nicht mehr als zweimal im Jahr gemäht werden, wobei der erste Mahdtermin nicht vor Mitte Juni liegen sollte. Leicht kann dieser Schmetterlingsblütler auch im Garten angesiedelt werden. Er lockt dann die Mai-Langhornbiene und ihre Kuckucksbiene sogar in den eigenen Garten, wie ich das seit vielen Jahren bei mir beobachte. Geeignete Nistplätze suchen sich die Weibchen selbst.
Nester an schütter bis dichter bewachsenen Stellen meist mehr oder weniger geneigter Flächen. Besiedelt sowohl Sandboden (Flugsand, Schwemmsande, Verwitterungssande, Molasse) als auch lehmige Böden (Lößlehm, Lehmböden mittleren Tongehalts). Die Nester werden in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde angelegt und sind nicht leicht zu finden. Der Gang wie die Zellen sind innen mit Sekreten ausgekleidet, die auch in die Zellwände eindringen und sie festigen.
Nest der im Juni und Juli fliegenden, nahverwandten Art Eucera longicornis (= Eucera difficilis) mit Männchen (rechts oben) und Weibchen (links unten).
Teil einer Tafel aus dem Werk von H. Friese, Die europäischen Bienen. Weitere Tafeln aus diesem Buch finden sich im Kapitel Lebensweise.
Oligolektische, auf Fabaceae (Schmetterlingsblütler) spezialisierte Art. Hauptpollenquelle in Mitteleuropa ist die Zaunwicke (Vicia sepium).
Die Männchen patrouillieren bevorzugt an den Blütenständen der Frühlings-Platterbse und der Zaun-Wicke sowie anderen Fabaceen. Vereinzelt werden auch Vertreter anderer Pflanzenfamilien als Nektarquelle genutzt.
Ein frisch geschlüpftes Männchen, kenntlich an seinem rostbraunen Pelz, trinkt im Botanischen Garten der Universität Tübingen Nektar am Haarigen Ginster (Cytisus villosus).
Das folgende Video (4:47 min, 81 MB) zeigt sowohl Eucera nigrescens als auch die nahverwandte Art Eucera longicornis. Das Video startet mit Eucera nigrescens und zwar mit einem noch recht frischen Männchen; dann folgt ein schon ausgebleichtes Männchen mit grauer Thoraxbehaarung. Dann ist ein Weibchen zu sehen, das zunächst an der Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus), danach an der Zaunwicke (Vicia sepium) Pollen sammelt. Zwischendurch sind Bestände der Zaunwicke auf einer Streuobstwiese zu sehen und ein Weibchen, das auf einem Blatt sitzend seinen langen Rüssel immer wieder ausfährt. Es folgt ein frisch geschlüpftes Männchen von Eucera longicornis an Hippocrepis comosa und danach das Weibchen beim Nektartrinken an der gleichen Pflanzenart. Die Aufnahmen von Eucera nigrescens stammen von Tübingen, die von Eucera longicornis aus dem Wallis.
Die Wespenbienenart Nomada sexfasciata ist regelmäßig im Lebensraum der Langhornbiene zu beobachten.
Univoltin. Fliegt von Mitte April bis Mitte Juni. Die Art zeigt eine ausgesprochene Proterandrie, d. h. die Männchen erscheinen 3–4 Wochen vor den Weibchen, manchmal schon in der ersten April-Woche.
Durch gezielte Suche an Beständen der Zaunwicke kann die Art auch heute noch regelmäßig nachgewiesen werden. Daher erscheint sie derzeit noch nicht gefährdet. In vielen Fällen handelt es sich bei den Fundstellen aber um Reste historisch gewachsener Kulturlandschaften. Da zumindest in Süddeutschland ein Siedlungsschwerpunkt in den Streuobstwiesen der Mittelgebirgsvorländer liegt, ist die Art langfristig durch Änderungen der althergebrachten Nutzung gefährdet. Hierzu zählen insbesondere die häufigere Mahd (z. B. durch Rasenmäher!), die Umstellung auf Beweidung und erst recht der Wiesenumbruch. Zur Erhaltung dieser Langhornbiene ist daher eine Fortführung der zweischürigen Wiesennutzung besonders empfehlenswert. Wo die Art in warmen, nährstoffreichen Wald- und Gebüschsäumen fliegt, erleidet sie durch Aufforstungen und Bewirtschaftung bis an den Gehölzrand Bestandseinbrüche.
In der nachfolgenden Galerie finden Sie weitere Fotos von Eucera nigrescens sowie zum Vergleich ein Männchen von Eucera longicornis. (Starten der Großansichten durch einen Klick auf ein Vorschaubild.)