Anfang Mai 2021 hatte ich angekündigt zu untersuchen, welche weiteren Bienenarten über die bereits Ende April beobachteten hinaus die Blütenstände von Bidens ferulifolia als Nahrungsquelle nutzen, wobei zwischen Nektar und Pollen streng unterschieden wird. Hier stelle ich nun alle Ergebnisse der Vegetationsperiode 2021 vor und liefere auch eine abschließende Bewertung.
Da die im Frühling beworbene Sorte »Bienenstern« in örtlichen Gärtnereien nicht angeboten wurde, habe ich in meinem Garten und auf der Terrasse zwölf Pflanzen der Sorten »Golden Empire«, »White and Yellow«, »Blazing Fire« und »Funny Honey« gepflanzt. Zusätzlich wurden sechs Exemplare im Botanischen Garten Tübingen in eine Zierpflanzengruppe integriert. Bei mir zu Hause habe ich die Pflanzen seit Mai bei bienenfreundlichem Wetter oft mehrmals am Tage kontrolliert, um die Wahrscheinlichkeit, einen Blütenbesuch registrieren zu können, zu erhöhen. Weniger häufig, aber im Schnitt einmal in der Woche habe ich die Pflanzen im Botanischen Garten überprüft. Darüber hinaus haben auch Josef Bülles (Tuniberg), Katrin Kunkel (Mecklenburg-Vorpommern) und Markus Menke (Rheinland) eigene Beobachtungen angestellt.
Bidens ferulifolia zusammen mit Lobularia maritima (Silberkraut) in einem Zierpflanzenbeet im Botanischen Garten Tübingen.
Auffällig war, daß an den meisten Beobachtungstagen selbst bei bestem Wetter überhaupt keine Wildbienen als Blütenbesucher festgestellt werden konnten. Wenn einzelne Individuen die Blüten gelegentlich nutzten, taten sie es vor allem, um Nektar zu trinken. Die folgenden Arten wurden beim Nektarerwerb auf den Blütenständen von Bidens angetroffen (Beobachtungsdaten von K. Kunkel und M. Menke eingeschlossen). Pollen sammelnde Weibchen nutzen die Blüten auch als Nektarquelle. Honigbienen traten nicht häufig als Nektarsammler auf, obwohl Bidens ferulifolia doch gerade für Honigbienen (»Bienenstern«) attraktiv sein soll.
Beim Nektarerwerb beobachtete Bienenarten:
Ein Männchen von Halictus tumulorum trinkt Nektar im Blütenkörbchen von Bidens ferulifolia (25. August 2021).
Nur hin und wieder wurden einzelne Honigbienen bei der Pollenernte festgestellt. Gespannt war ich zu klären, ob die Sandbienenarten Andrena humilis und Andrena fulvago, die alljährlich in meinem Garten vorkommen, auf Bidens Pollen sammeln. Sie sind beide oligolektisch und auf Korbblütler als Pollenquellen spezialisiert, allerdings auf solche der Unterfamilie Cichorioideae, während die hier behandelte Art zur Unterfamilie Asteroideae gehört. Ich konnte weder Männchen noch Weibchen auf Bidens antreffen, dafür wie in früheren Jahren häufig auf Crepis biennis in unmittelbarer Nähe.
Andrena flavipes (Sandbienenart) tritt in meinem Garten alljährlich in Anzahl in einer Frühlings- und einer Sommergeneration auf. Die Art ist ausgesprochen polylektisch und nutzt Vertreter von 18 Pflanzenfamilien als Pollenquelle. So war es nicht verwunderlich, teilweise zwei Weibchen gleichzeitig bei der Pollenernte auf Bidens zu beobachten. Dabei handelte es sich um Weibchen der Frühlingsgeneration, die am Ende ihrer Flugzeit diesen Korbblütler noch als Pollenquelle nutzten.
Auch Halictus tumulorum (Gewöhnliche Furchenbiene) ist bei der Wahl der Pollenquellen sehr flexibel (14 Pflanzenfamilien). Trotzdem konnte ich nur einmal ein Weibchen auf Bidens Pollen sammeln sehen. Die mikroskopische Analyse der Pollenladung zeigte viel Asteraceae-Pollen vom Aster-Typ und bestätigte somit die Beobachtung des Blütenbesuchs. Im Falle einer weiteren Beobachtung kam ein Weibchen von Halictus simplex bereits mit rötlichem Pollen beladen angeflogen und füllte seine Transporteinrichtung zusätzlich mit gelbem Pollen von Bidens. Auch Halictus scabiosae (Gelbbindige Furchenbiene) wurde am Tuniberg auf Bidens beim Sammeln des Pollens beobachtet (J. Bülles).
Die häufige Schmalbienenart Lasioglossum calceatum wurde von K. Kunkel mit Pollen beladen beobachtet und fotografiert. Auch wenn keine Pollenanalyse, die hier hilfreich gewesen wäre, vorliegt, so dürfte Lasioglossum calceatum höchstwahrscheinlich auch zu den Wildbienenarten gehören, die Bidens des Pollens wegen nutzen.
Im Juli und August konnte ich mehrmals zwei Weibchen von Heriades truncorum (Gewöhnliche Löcherbiene) gleichzeitig auf Bidens bei der Pollenernte antreffen, wobei die Bauchbürste in für die Art typischer Weise in rascher Folge auf die pollentragenden Strukturen getupft wurde (siehe Video unten).
Ein Weibchen von Andrena flavipes bei der Pollenernte (16. Mai 2021).
Ein pollenbeladenes Weibchen von Lasioglossum calceatum beim Verlassen des Zweizahn-Blütenstands (Foto: Katrin Kunkel, 22. August 2021).
Ein Weibchen von Heriades truncorum sammelt Pollen durch »Betupfen« der Staubbeutel mit der Bauchbürste (29. Juli 2021).
Das folgende Video (2 min, 118 MB) zeigt mehrere Arten von Wildbienen bei der Nektaraufnahme und beim Pollensammeln. [Das Video kann auch im Vollbildmodus abgespielt werden. Ohne Ton!]
Bei der Pollenernte beobachtete Bienenarten:
Zu Beginn der Untersuchungen lautete meine These, daß Bidens ferulifolia im Vergleich zu heimischen Vertretern der Familie Korbblütler (Asteraceae) kaum eine Bedeutung für Wildbienen hat. Die in der Zeit von Mai bis September an weit auseinander liegenden Lokalitäten in Deutschland gemachten Beobachtungen bestätigen im wesentlichen diese Annahme. Dazu M. Menke, der keinen einzigen Pollensammelbesuch registrierte: »Der Bienenbesuch, auch durch Honigbienen, war sehr spärlich«. 14 Bienenarten wurden beim Nektarerwerb festgestellt. Bei den Arten, die Bidens ferulifolia als Pollenquelle nutzen, handelt es sich im Fall von Andrena flavipes, Halictus scabiosae und Halictus simplex um ausgesprochen polylektische Arten, die sich rasch auf das im Lebensraum blühende Angebot einstellen können. Wahrscheinlich nutzen hin und wieder auch andere im Siedlungsraum vorkommende Wildbienen diese Pollenquelle, vor allem Arten der Gattungen Halictus und Lasioglossum. Heriades truncorum ist im Unterschied zu diesen Arten zwar oligolektisch und auf Korbblütler spezialisiert, vermag aber innerhalb dieser Pflanzenfamilie ein sehr breites Spektrum zu nutzen. Die untersuchte Zierpflanze ist deshalb für diesen Pollenspezialisten kaum von Bedeutung und für die Brutversorgung verzichtbar.
Natürlich spielt es auch eine Rolle, ob und wenn ja welche alternativen Pollenquellen in der Umgebung neben BIdens ferulifolia zur Verfügung stehen. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, daß die verschiedenen Sorten von Bidens ferulifolia offensichtlich unterschiedlich attraktiv für Wildbienen sind. Von den von mir kultivierten Varianten wurde die Sorte »Funny Honey« am häufigsten besucht, während »White and Yellow« wenig und »Rockstar« nur sehr selten einen Wildbienenbesuch verzeichnete. Warum dies so ist, kann ich nicht erklären. Die verschiedenen Varianten scheinen sich wie unterschiedliche Pflanzenarten in ihrer Attraktivität für Wildbienen zu verhalten, möglicherweise ein Ergebnis der Pflanzenzüchtung.
Auch wenn einige ausgesprochen anpassungsfähige Bienenarten und eine auf Korbblütler spezialisierte Art Bidens ferulifolia als Nektar- bzw. als Pollenquelle nutzen, so hat diese nicht heimische Zierpflanze mit ihren unzähligen, farbenprächtigen und daher beliebten Sorten nur eine geringe Bedeutung als Nahrungspflanze von Wildbienen. Will man Wildbienen fördern, sollte man vor allem bei beschränkten Platzverhältnissen an ihrer Stelle andere und zwar heimische Korbblütler kultivieren, unter denen viele für den Artenschutz von hoher Bedeutung sind.
Josef Bülles, Katrin Kunkel und Markus Menke danke ich dafür, daß Sie meinem Aufruf zur Mitarbeit gefolgt sind und an eigens gepflanzten Bidens Beobachtungen angestellt und mir das Ergebnis mitgeteilt haben. Brigitte Fiebig und Dr. Alexandra Kehl danke ich für die Unterstützung der Studie im Botanischen Garten Tübingen.
Ein Weibchen von Halictus tumulorum trinkt Nektar im Blütenstand von Bidens ferulifolia.
Ein Männchen der Blauschwarzen Holzbiene (Xylocopa violacea) beim Nektarerwerb.
Eine Arbeiterin der Baumhummel (Bombus hypnorum) trinkt Nektar.
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