Synonyme: Melitturga clavicornis var. thuringiaca Friese 1895
13–15 mm. Männchen durch die großen Komplexaugen, die keulenförmigen Fühler und die hellgelbe Färbung von Labrum, Clypeus, Stirnschildchen und Unterseite des Fühlerschaftes unverkennbar. Kurz nach dem Schlüpfen ist es fuchsrot, bleicht aber bald sehr rasch aus, ist dann hellgelb, später grau. Weibchen durch die weiße Fleckung des Clypeus (manchmal ganz schwarz), die kurzen Fühler und den Blütenbesuch sowie durch die charakteristische Art der Pollenspeicherung unverwechselbar. [Großansichten: auf Bild klicken]
Melitturga clavicornis, Männchen frontal
Melitturga clavicornis, Weibchen
In Deutschland kam die Art früher in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vor. Offensichtlich sind alle Vorkommen erloschen (z. B. Bischoff 1952, Olberg 1972, Westrich 1990). Der letzte Nachweis wohl 1968 am Kyffhäuser (Burger & Winter 2001). Die Art gilt daher als in Deutschland verschollen. Vermutlich ist ihr Bestand erloschen.
Zweifelsfrei eine Offenlandsart. Früher waren die Lebensräume wohl Binnendünen, Sandrasen, schütter bewachsene Ruderalstellen, Brachen, Gebüsch- und Waldsäume sowie Luzernekulturen. Bisher bekannte Nistplätze sind schütter bewachsene Stellen auf Böschungen oder auf ebenen Flächen. Der Boden kann offensichtlich durch Begehen verdichtet sein (in einem Fall nistete die Art auf einem Campingplatz, in einem anderen Fall auf einem nahezu vegetationslosen, festen Sandweg). Sandiger Boden oder Lößlehm wird bevorzugt. Nistplatz und Nahrungsraum können weit voneinander entfernt liegen (Teilsiedler). So nennt Bischoff (1952) in einem Fall eine Entfernung von 1 km zwischen den Nestern und den Pollenquellen.
Im Aosta-Tal in Norditalien kam die Art 2006 noch vor. Seither wurden weitere Lebensräume durch Erweiterung der landwirtschaftlichen Flächen zerstört. [Für Großansicht auf Bild klicken]
Nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde, bevorzugt in Kolonien, aber auch einzeln. Die am Grunde von Grasbüscheln oder zwischen krautigen Pflanzen befindlichen Nesteingänge, die gewöhnlich bei Abwesenheit des Weibchens offen bleiben, haben in der Regel einen Eingangswall (Tumulus). Von der Erdoberfläche führt ein (manchmal verzweigter) Hauptgang 15–20 cm senkrecht oder auch gekniet in die Tiefe und verläuft dann horizontal weiter. An diesem horizontalen Gang finden sich die schräg im Boden stehenden, verschlossenen, bis zu 8 Brutzellen. Die älteste Zelle liegt dem senkrechten Hauptgang am nächsten. Die Brutzellen sind mit einem Sekret ausgekleidet. (Bischoff 1952, Friese 1919, 1923, Malyshev 1925, 1936, Rozen 1965, Tirgari 1965, 1968). Die Larven spinnen keinen Kokon (Malyshev 1925).
Mit voller Pollenladung heimgekehrtes Weibchen am Nistplatz.
Oligolektische, auf Fabaceae (Schmetterlingsblütler) spezialisierte Art. Hauptpollenquelle ist Luzerne (Medicago sativa). Weitere belegte Pollenquellen: Roter Wiesenklee (Trifolium pratense), Weiß-Klee (Trifolium repens), Vogel-Wicke (Vicia cracca), Wald-Platterbse (Lathyrus sylvestris), Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia), Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus), Weißer Steinklee (Melilotus albus), Esparsetten-Tragant (Astragalus onobrychis). – Alle Pollenquellen bieten auch Nektar, der zum Anfeuchten des Pollens benötigt wird, da die Weibchen (ähnlich Panurginus) den angefeuchteten Pollen in der Form eines Muffs rings um die kurz und starr behaarten Hinterschienen speichern und zum Nest transportieren. Von den Männchen werden ebenfalls bevorzugt Schmetterlingsblütler besucht, gelegentlich auch Lippenblütler, z. B. Salbei (Salvia), Lavendel (Lavandula) und Thymian (Thymus).
Die Echte Luzerne (Medicago sativa) ist in Mitteleuropa die Hauptpollenquelle von Melitturga clavicornis
Die Männchen von Melitturga clavicornis beißen sich mit ihren Mandibeln regelmäßig an Gräsern fest und verbringen so die Nacht.
Melitturga clavicornis, Männchen trinkt Nektar am Esparsetten-Tragant (Astragalus onobrychis). Die Behaarung ist durch das Sonnenlicht bereits etwas ausgebleicht. Im Blütenstand sitzt auch eine Heuschrecken-Larve (vermutlich Oedipoda).
Melitturga clavicornis, ein schon von der Sonne etwas ausgebleichtes Männchen hat gerade an Lavendel Nektar getrunken und verharrt noch auf dem Blütenstand.
Hier hat ein Weibchen von Melitturga clavicornis noch nicht viel Pollen an Klee (Trifolium) gesammelt. In dieser frühen Phase ist die typische Form der Pollenladung noch nicht zu sehen.
Die Flügel sind auch während der Pollenernte ständig in Bewegung, denn der Blütenbesuch dauert nur wenige Sekunden.
Das Weibchen lagert den an der vorher besuchten Blüte gesammelten Pollen während des Flugs zur nächsten Luzerne-Blüte um und fügt ihn der bereits großen Pollenladung hinzu. Beachte die Mittelbeine!
Bald ist der Sammelflug vorüber, denn das Weibchen hat bereits reichlich Nektar und Pollen an der Luzerne gesammelt, was an der mächtigen Pollenladung gut zu sehen ist, die bei Melitturga clavicornis eine ganz besondere Form annimmt.
Auch der Esparsetten-Tragant (Astragalus onobrychis) gehört im südlichen Mitteleuropa zu den regelmäßig genutzten Pollenquellen.
Ammobatoides abdominalis.
Univoltin. Flugzeit von Ende Juni bis Mitte August. Überwinterung als Ruhelarve frei in der Brutzelle.
Trotz mehrfacher Suche an früher bekannten Fundorten wurde die auch früher sehr seltene Art in Deutschland nicht mehr wiedergefunden. Auch im übrigen Mitteleuropa (Schweiz, Österreich) ist die Art hochbedroht. Sollte die Art wiederentdeckt werden, sind wirksame Schutzmaßnahmen (Erhaltung der Nistplätze, Sicherung der Pollenquellen) zu ergreifen.
Bischoff, H. (1952): Über das Vorkommen der Schmarotzerbiene Ammobatoides abdominalis (Eversm.) in Deutschland und Bemerkungen zu ihrem Wirt: Melitturga clavicornis Latr. – Nachr. Naturw. Mus. Aschaffenburg, 35: 55–68.
Burger, F. & Winter, R. (2001): Kommentierte Checkliste der Bienen Thüringens (Hymenoptera, Apidae). – Check-Listen Thüringer Insekten und Spinnentiere 9: 17– 57.
Friese, H. (1919a): Meliturga clavicornis, die Solbiene von Artern. – Dt. Ent. Z. 1919: 56–60.
Malyshev, S. I. (1925): The nesting habits of Meliturga Latr. – Bull. Inst. Sci. Lesshaft, 11: 67–73.
Malyshev, S. I. (1936): The nesting habits of solitary bees. – Eos, 11: 201–309.
Olberg, G. (1972): Beobachtungen über den Rückgang südlicher Bienen- und Wespenarten in der Umgebung von Niemegk, Kreis Belzig (Fläming). – Veröff. Bezirksheimatmus. Potsdam, 25/26: 41–70.
Rozen, J. G., Jr. (1965): The Biology and Immature Stages of Melitturga clavicornis (Latreille) and of Sphecodes albilabris (Kirby) and the Recognition of the Oxaeidae at the Family Level (Hymenoptera, Apoidea). – American Museum Novitates, Nr. 2224: 1–18.
Tirgari, S. (1965): Observations sur un site
de nidification de Melitturga clavicornis Latr. Hymenopt. Apoidea. – Ann. Abeille,
8: 109–111.
Tirgari, S. (1968): Le choix du site de nidification par Melitta leporina (Panz.), Hym.
Melittidae et Melitturga clavicornis (Latr.),
Hym. Andrenidae. – Ann. Abeille, 11: 79–103.
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands. – 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Westrich, P. & Dathe, H.H. (1997): Die Bienenarten Deutschlands (Hymenoptera, Apidae). Ein aktualisiertes Verzeichnis mit kritischen Anmerkungen. – Mitteilungen des Entomologischen Vereins Stuttgart 32: 3–34.