Männchen: 11–13 mm. Hinterleib in der vorderen Hälfte gelbbraun, in der hinteren Hälfte schwarzbraun behaart, ohne deutlich abgesetzte Haarbinden. Segment 6 rostrot, selten weißlich oder schwärzlich. Die mittleren Geißelglieder mehr oder weniger stark gebogen (sägeartig). Weibchen: 11–13 mm. Behaarung gelbbraun, auf dem Thoraxrücken ausgedehnt schwarz. Hinterleib mit schmalen, weißen Haarbinden auf den Tergiten und rotbrauner Endfranse. Schienenbürste dunkel rostrot. In den Alpen kommen vollständig schwarz behaarte Individuen mit rotbrauner Endfranse vor. Spezieller Blütenbesuch ! [Großansichten: auf Bild klicken]
Fast ganz Europa; nordwärts bis 63 °n. Br. In den Schweizer Alpen bis 2100 m. – In Deutschland weit verbreitet, von der Ebene bis in die höheren Lagen der Mittelgebirge. Noch häufig, aber nur in individuenarmen Populationen und daher meist nur einzeln zu beobachten.
Vor allem besonnte bis mäßig schattige Waldränder, Waldlichtungen, Kahlschläge, Feldhecken, schwach beweidete oder brachliegende Wacholderheiden; vereinzelt auch im Siedlungsbereich in Parkanlagen (Botanische Gärten) oder in Gärten. Eine Bevorzugung bestimmter Bodenarten zur Nestanlage ist nicht erkennbar, da die Art sowohl in Sand- wie in Lehmgebieten vorkommt. Die Art ist ein Teilsiedler.
Wacholderheiden, hier das Naturschutzgebiet »Digelfeld« auf der Schwäbischen Alb, gehören wegen des Vorkommens meist mehrerer Glockenblumen-Arten zu den Lebensräumen von Melitta haemorrhoidalis. [Für Großansicht auf Bild klicken]
Nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde. Ob vegetationsarme oder dichter bewachsene Stellen bevorzugt werden ist nicht bekannt. Auch wissen wir bislang nichts Genaues über den Nestbau und die Nestarchitektur.
Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium)
Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia)
Streng oligolektische, auf Campanulaceae spezialisierte Art (vgl. Westrich & Schmidt 1987). Bislang bekanntgewordene Pollenquellen:
Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia)
Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia)
Acker-Glockenblume (Campanula rapunculoides)
Rapunzel-Glockenblume (Campanula rapunculus)
Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium)
Breitblättrige Glockenblume (Campanula latifolia)
Ähren-Glockenblume (Campanula spicata)
Bologneser Glockenblume (Campanula bononiensis)
Duft-Becherglocke (Adenophora confusa)
Berg-Sandrapunzel (Jasione montana)
C. rotundifolia und C. trachelium sind die wichtigsten Pollenquellen. Auf einem Sammelflug werden oft mehrere Glockenblumenarten genutzt. In jüngster Zeit wurden Pollen sammelnde Weibchen auch an Adenophora confusa (eig. Beobachtung) und Jasione montana (Early 2020) beobachtet (. Höchstwahrscheinlich sammeln die Weibchen lokal auch an Kugel-Teufelskralle (Phyteuma orbiculare) (vgl. Cross 2014). – Der Pollen wird mit Nektar angefeuchtet transportiert. Die Campanula-Blüten dienen beiden Geschlechtern auch als bevorzugte Nektarquellen, als Rendezvous-Plätze zur Partnerfindung sowie als Schlafstätten. Die Männchen schlafen gelegentlich auch in den Blüten von Malven (Malva) und Wegwarten (Cichorium).
Ein Männchen von Melitta haemorrhoidalis schläft in der Glocke der Rundblättrigen Glockenblume (Campanula rotundifolia).
Melitta haemorrhoidalis, Männchen beim Verlassen einer Blüte der Nesselblättrigen Glockenblume (Campanula trachelium).
Melitta haemorrhoidalis, Weibchen sonnt sich auf der Blüte der Rundblättrigen Glockenblume (Campanula rotundifolia).
Ein Weibchen von Melitta haemorrhoidalis taucht zur Pollenernte in die Blüte der Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata). Der Pollen wird für den Transport mit Nektar befeuchtet.
Melitta haemorrhoidalis, Weibchen bei der Pollenernte in der Blüte der Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata). Beachte die rotbraune Endfranse.
Das folgende kurze Video (54sec, 210 MB) zeigt die Pollenernte an zwei Arten der Campanulaceae und zwar zuerst an Adenophora confusa und dann an Campanula rotundifolia. Adenophora confusa war bislang als Pollenquelle der Sägehornbiene nicht bekannt. Damit die Merkmale besser zu sehen sind, werden die beiden letzten Sequenzen mit halber Geschwindigkeit wiederholt. [Auch im Vollbildmodus möglich]
Die Wespenbienenart Nomada emarginata, aber auch Nomada flavopicta.
Univoltin. Flugzeit von Mitte Juli bis Anfang September. Überwinterung sehr wahrscheinlich als Ruhelarve.
Die Art ist noch häufig, obwohl mittlerweile ein Teil ihrer Lebensräume durch natürliche Wiederbewaldung oder Aufforstung (Wacholderheiden der Mittelgebirge) oder intensive landwirtschaftliche Nutzung (Zerstörung struktur- und blütenreicher Waldränder) verlorengingen. Sie gilt immer noch als im Bestand nicht gefährdet, weil sie auch im Siedlungsraum ausreichende Lebensbedingungen vorfindet. Die Erhaltung von Glockenblumen möglichst vieler Arten ist die wirksamste Schutzmaßnahme. In den Gärten und Parkanlagen kann diese Sägehornbiene durch die Kultur von Glockenblumen, die im Hochsommer blühen, erfolgreich gefördert werden. Besonders zu empfehlen sind die Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium) und die Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia).
Cross, I. (2014): The »Bellflower« Trio. – BWARS Newsletter, Autumn 2014: 15–17.
Early, J. (2020): Sheep's-Bit Jasione montana L., 1753 as a foraging resource. – BWARS Newsletter, August 2020: 26–36.
Westrich, P. & Schmidt, K. (1987): Pollenanalyse, ein Hilfsmittel beim Studium des Sammelverhaltens von Wildbienen (Hymenoptera, Apoidea). - Apidologie, 18: 199-214.
Der Gesamtlebensraum einer Wildbienenart setzt sich meist aus mehreren für die Weibchen erreichbaren Teillebensräumen (Nistplatz, Futterraum, Baumaterialstelle) zusammen. Solche Arten bezeichnet man als Teilsiedler.