Größe: 12–14 mm. In frischem Zustand sind beide Geschlechter von verwandten Arten (z. B. H. sexcinctus) durch ockergelbe Tergitbinden und eine auffällige filzige Behaarung an der Basis der Tergite zu unterscheiden. Im abgeflogenen Zustand sind die Weibchen nicht sicher zu bestimmen, während die Männchen an ihren überwiegend dunkelbraunen Fühlern (bei H. sexcinctus teilweise rostrot) zu erkennen sind. [Großansichten: auf Bild klicken]
Halictus scabiosae, Männchen in Frontalansicht. Beachte den gelben Clypeus-Vorderrand und die dunklen Fühler.
In Deutschland bis 1990 nur aus den südlichen Bundesländern bekannt, wobei sich die Vorkommen auf die wärmeren Gebiete beschränkten. In der Zeit danach mehrten sich die Hinweise auf eine deutliche Ausbreitung, die 2005 von Frommer & Flügel analysiert, beschrieben und mit Karten der Fundorte (vor 1990, 1990–2004) illustriert wurde. Das Areal reicht mittlerweile bis in das Norddeutsche Tiefland und die östlichen Mittelgebirgsregion, wo sich die Art an vielen Lokalitäten etabliert hat (Bischoff 1997, Burger & Frommer 2010, Burger & Reum 2004, Jacobi 2006), Kuttig & Theunert 2004, Theunert 2016). Frommer & Flügel (2005) beschreiben die Ausbreitungsgeschichte der Art: Bis 1990 beschränkten sich die Vorkommen »auf die wärmsten Gebiete im Oberrheingraben, der Pfalz, nördlich bis zum Unteren Saartal nahe der Mosel und zum Nahetal sowie östlich im Maintal bis Würzburg«. In den folgenden Ausbreitungswellen dehnte sie ihr Areal über das Bodenseegebiet, praktisch ganz Hessen, das Mittelrheintal und die Kölner Bucht, das Wesertal bis Hameln, das Werratal, das Thüringer Becken und Mittelfranken bis Fürth aus. Die Autoren sehen die Gelbbindige Furchenbiene, die einen westmediterranen Verbreitungsschwerpunkt aufweist, als klaren Klimawandel-Gewinner, der wie eine Reihe anderer aculeater Hymenopteren von der aktuellen Erwärmung profitiert. Für die Ausbreitung in Thüringen und Sachsen geben Burger & Frommer (2010) eine Geschwindigkeit von 8,5–20 km/Jahr an. Die Art ist inzwischen auch in höhere Lagen vorgedrungen (bis 1000 m). Die Ausbreitung scheint mit der Zunahme der Jahresmitteltemperatur zu korrelieren. Schanowski (2013) führt Halictus scabiosae unter den Indikatorarten für Veränderungen in der Insektenfauna Baden-Württembergs durch die Klimaerwärmung. – Österreich, Schweiz.
In erster Linie Ruderalstellen trockenwarmer Standorte, besonders in Sand- und Lehmgruben, Abraumhalden eines ehemaligen Kalibergwerks und im Umfeld extensiv genutzter Weinberge, auf Hochwasserdämmen sowie an Ruderalstellen im Siedlungsbereich (Güterbahnhöfe) und in Gärten. Aber auch in Streuobstwiesen, auf Magerrasen, vereinzelt auch an warmen Waldrändern. Nester bevorzugt auf völlig vegetationsfreien oder zumindest nur schütter bewachsenen horizontalen Flächen, in Böschungen und Steilwänden. Bevorzugt als Nistsubstrate Sand oder Lößlehm.
Eine Kiesgrube im Neckartal als Lebensraum von Halictus scabiosae. Die Nester befanden sich sowohl auf den nackten horizontalen Flächen als auch in der Steilwand. Die Blüten der Ruderalgesellschaften wurden intensiv als Pollenquellen genutzt. [Für Großansicht auf Bild klicken]
Wo der Boden durch Motorsport wie hier in einem Trainingsgelände im Neckartal frei von Vegetation und stark verdichtet ist, wird er auch gerne von Halictus scabiosae als Nistplatz genutzt.
Nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde, unter günstigen Bedingungen in größeren Kolonien. Die Nester bestehen aus einem oder mehreren kurzen Gängen, in die die geschlossenen Brutzellen unmittelbar münden. Frühlingsnester liegen 13–20 cm, Sommernester 20–33 cm tief. Begattete Weibchen überwintern gemeinschaftlich in ihrem Geburtsnest und formen polygyne Gemeinschaften im folgenden Frühling (nicht vor Ende April). Eins der Weibchen übernimmt die Rolle der Eierlegerin, während die anderen Weibchen zu Hilfsweibchen werden. Der Nesteingang wird vom Hauptweibchen bewacht. Wenn sich solche Frühlings-Gemeinschaften, ausgelöst durch die starke Nestbewachung dieses Hauptweibchens, auflösen, gründen die Hilfsweibchen eigene Nester. Sie graben entweder eigene Gänge oder sie benützen die Nester anderer Arten. Dieser fakultative Parasitismus wurde z. B. gegenüber Lasioglossum nigripes beobachtet und reichte von reiner Nestbesetzung bis zur Tötung der Nesteigentümerin und zur Eiablage in die bereits verproviantierten Zellen. (Batra 1966, Fabre 1879–1880, Fahringer 1914, Grandi 1954, 1961, Knerer 1968, 1980, Knerer & Plateaux-Quénu 1967, Petrischak 2015, Poursin & Plateaux-Quénu 1982, Weigand 2005, Westrich 2019).
Halictus scabiosae nistet auch in Steilwänden (hier in einer Kiesgrube), wie diese vielen Nesteingänge zeigen.
Pollenbeladenes Weibchen von Halictus scabiosae vor dem Nest.
Dieses Weibchen kommt mit viel Pollen des Klatsch-Mohns (Papaver rhoeas) zum Nest in der Steilwand zurück.
Polylektische Art, die Asteraceae bevorzugt (6 Pflanzenfamilien). Pollenquellen:
Halictus scabiosae, Männchen beim Nektarerwerb auf der Durchwachsenen Silphie (Silphium perfoliatum).
Ein Blütenbesuch birgt auch Risiken: Hier hat eine Krabbenspinne ein Männchen von Halictus scabiosae erbeutet.
Halictus scabiosae, Weibchen bei der Pollenernte auf Gewöhnlichem Bitterkraut (Picris hieracioides). Die Funktion der Behaarung auf der Unterseite des Hinterleibs als Pollenspeicher ist gut sichtbar.
Die Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare) produziert weißen Pollen, der hier von einem Weibchen von Halictus scabiosae reichlich geerntet wird.
Halictus scabiosae, Weibchen bei der Pollenernte im Blütenstand des Blauen Lattichs (Lactuca perennis).
Hier sammelt ein Weibchen von Halictus scabiosae auf der Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) Pollen. Vermutlich hat Rossi als Erstbeschreiber der Art die Furchenbiene auf dieser Pflanze beobachtet und ihr deshalb den Namen gegeben. Allerdings werden Skabiosen und Knautien nur gelegentlich als Pollenquellen genutzt, wenn z.B. keine Korbblütler verfügbar sind.
Die für Witwenblumen typische Pollenfarbe Rosa in den Speicherorganen von Halictus scabiosae belegt die Pollenernte an der Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis).
Die Buckelbienenart Sphecodes gibbus.
Die überwinterten Weibchen erscheinen Ende April und sind bis in den Spätsommer zu beobachten, bis die neue Generation schlüpft. Die Männchen fliegen ab Mitte Juli.
Die Art hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich ausgebreitet und besiedelt die verschiedensten Lebensräume im Tiefland, in der Ebene und sogar in den Mittelgebirgen. Sie ist daher derzeit ungefährdet. Die Duldung unbewachsener Bodenstellen (Erdwege, Spielplätze) und die Erhaltung von Steilwänden sind ebenso wie die Förderung von Ruderalstellen und Ruderalpflanzen wirksame Maßnahmen für eine langfristige Erhaltung.
Batra, S. W. T. (1966a): Nesting behavior of Halictus scabiosae in Switzerland. – Insectes Sociaux 13: 87–92.
Bischoff, I. (1997): Neufund von Halictus scabiosae (Rossi, 1790) in Nordrhein-Westfalen (Hymenoptera, Apidae, Halictinae). – bembiX 8: 17–20.
Burger, F. & Frommer, U. (2010): Zur Ausbreitung von Halictus scabiosae (Rossi, 1790) in Thüringen und Sachsen (Hymenoptera, Apidae). – Ent. Nachr. Ber. 54: 127–129.
Burger, F. & Reum, D. (2004): Dritter Nachtrag zur Bienenfauna Thüringens (Hymenoptera, Apidae). – Check-Listen Thüringer Insekten 12: 33–39.
Fabre, J. H. (1879–1880): Étude sur les moeurs et parthénogenèse des Halictes. – Ann. Sci. Nat., Zool., (6), 9(4): 27 S (ebenso publ. 1880) in C. R. Acad. Sci., 89: 1079–1081.
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Frommer, U. & Flügel, H.-J. (2005): Zur Ausbreitung der Furchenbiene Halictus scabiosae (Rossi, 1790) in Mitteleuropa unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Hessen. – Mitt. int. ent. Ver. 30: 52–79.
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Knerer, G. & Plateaux-Quénu, C. (1967): Usurpation de nids étrangers et parasitisme facultativ chez Halictus scabiosae (Rossi) (Insecte Hyménoptère). – Insectes Sociaux 14: 47–50.
Kuttig, K. & Theunert, R. (2004): Erster Nachweis von Halictus scabiosae (Rossi, 1790) (Hym.: Apidae) in Niedersachsen. – bembiX 18: 33.
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Poursin, J. M. & Plateaux-Quénu, C. (1982): Niches écologiques de quelques Halictinae I. Comparaison des cycles annuelles. – Apidologie 13: 215–226.
Schanowski, A. (2013): Auswirkungen des Klimawandels auf die Insektenfauna. – Forschungsbericht KLIMOPASS, LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, 97 S.
Weigand, E. (2005): Explosionsartige Vermehrung der Gelbbindigen Furchenbiene (Halictus scabiosae Rossi) im Hunsrück. – bembiX 21: 18.
Theunert, R. (2016): Hervorhebenswerte Stechimmenfunde aus dem östlichen Niedersachsen (Hymenoptera), Folge VII. – Beitr. Naturk. Niedersachsens 69: 1–9.
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands.– 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Der Gesamtlebensraum einer Wildbienenart setzt sich meist aus mehreren für die Weibchen erreichbaren Teillebensräumen (Nistplatz, Futterraum, Baumaterialstelle) zusammen. Solche Arten bezeichnet man als Teilsiedler.