7–9 mm. Beide Geschlechter dem etrem seltenen C. mlokossewiczi äußerst ähnlich. Die Männchen und mehr oder weniger auch die Weibchen sind nicht von anderen auf Korbblütler spezialisierten Colletes-Arten zu unterscheiden. Hinweis: Das Weibchen hat auf dem Mesonotum (Brustrücken) eine glänzende, leichte Erhebung. [Großansichten: auf Bild klicken]
Colletes daviesanus, Männchen in Frontalansicht
Colletes daviesanus, Weibchen in Frontalansicht
Paarung von Colletes daviesanus auf dem Blütenstand des Rainfarns (Tanacetum vulgare). Bemerkenswert ist, daß das Weibchen bereits Pollen gesammelt hatte. Ein Hinweis auf Mehrfachpaarungen?
In Europa vom Mittelmeer nordwärts bis Großbritannien, Irland, Norwegen, Schweden und Finnland. In Deutschland in allen Regionen verbreitet und häufig. Vom Flachland bis in die Mittelgebirge (1400 m).
Sand-, Kies- und Lehmgruben, Sandsteinbrüche, von Lößwänden durchzogene Feldfluren und Weinberge, Kahlschläge, Molassefelshänge, Dörfer und Städte (synanthrope Art). Nistplätze sind vorwiegend Steilwände und Abbruchkanten. Hauptfaktor für die Anlage der Nestbauten sind hinsichtlich Korngröße und Verfestigung geeignete Substrate, z. B. wenig verfestigte Sandsteine des Mittleren Buntsandsteins, der Keuper-, Dogger- und Molassesandsteine, Primärlöß (Kaiserstuhl, Kraichgau), vulkanische Gesteine (locker bis mäßig verfestigte, feinkörnige Aschentuffe der Eifel), Podsolböden des Quartärs (Norddeutschland); im Siedlungsbereich werden auch lehm- bzw. kalkmörtelverfugte und Sandsteingemäuer genutzt, deren lokal starke Besiedlung zu Gebäudeschäden führen kann. Nahrungsräume sind in erster Linie Ruderalstellen, im Siedlungsbereich auch Gärten.
Eine Molassewand im Markgräfler Land (Baden-Württemberg). In dem vergleichsweise weichen Sandstein nisten alljährlich mehrere hundert Weibchen von Colletes daviesanus, aber auch andere Steilwandbewohner wie die Schmalbienenart Lasioglossum limbellum.
Die Art nistet in Sanden, Sandsteinen und Mörtel sehr unterschiedlicher Korngröße (Schluffe bis mittelsandige Grobsande) bei geringem bis sehr geringem Tongehalt. Die Hauptfaktoren der Eignung als Nistsubstrat sind Korngröße und Verfestigung der Sandsteine (Mader 1980, 1981a, 1981b, 1985, 1992, 1999). Die bevorzugten Nistplätze von Colletes daviesanus sind daher: Sandsteinfelsen, vulkanische Tuffe, sandige bis schluffige Schichten in Lehmwänden, Lößwände, Steilwände von Sand- und Kiesgruben, Wurzelteller umgestürzter Bäume, Mörtelfugen von Mauern und Hauswänden, Quader, Steine und vorspringende Teile (Fenstersimse) von Scheunen, Schuppen, Ställen, Wohnhäusern und Kirchen, die aus Sandstein gebaut sind. Außerhalb des Siedlungsbereiches sind die Nistplätze mehr oder weniger südexponiert, weitgehend unbeschattet, nahezu bis vollkommen frei von Pflanzenwuchs und relativ trocken. Demnach kann die Art als xero- und thermophil bezeichnet werden. In den Mauern von Gebäuden werden allerdings auch Nordseiten besiedelt. Gelegentlich werden auch röhrenförmige Nisthilfen (z. B. Acrylglasröhrchen, Holzbohrungen genutzt. An die Körnung des Nistsubstrats stellt Colletes daviesanus keine besonderen Ansprüche. Abgesehen von zu hohem Tongehalt (Lehme) ist die Feinstruktur des Nistsubstrats unwesentlich für eine Besiedlung durch die Seidenbiene, es muß sich nur bearbeiten lassen. Besiedelt werden Sandsteine von sehr verschiedener Härte, die gleichmäßig und tiefgründig verwittern, ohne dabei laufend abzusanden oder oberflächlich abzuschuppen (ausführliche Darstellung der Nistplätze in den Arbeiten von Mader 1980ff).
Die Weibchen bevorzugen zur Anlage ihrer Brutzellen das Substrat, aus dem sie selbst geschlüpft sind. Das mütterliche Nest wird daher häufig wiederbenützt. Die vom Weibchen mit den Mandibeln gegrabenen Nestgänge liegen meist dicht unter der Gesteinsoberfläche. Der Hauptgang kann sich dabei in mehrere Seitengänge verzweigen. Die einzelnen Gänge sind oft nicht länger als 6–10 cm. In vielen Fällen verlaufen sie dicht parallel nebeneinander und sind stellenweise kaum mehr als 1 mm voneinander getrennt. Ältere, immer wieder benützte Substrate weisen ein sehr kompliziertes Gangsystem aus unregelmäßig verzweigten Haupt- und Nebengängen auf. Meist sind am Ende der Nistgänge 1–2, seltener auch 3–4, höchstens 10 Zellen hintereinander angelegt, die durchschnittlich 8–9,5 x 5,5 mm messen. Die cellophanartige, transparente Auskleidung der Zellen stimmt mit der bereits untersuchter Arten überein und dürfte gleichen Ursprungs sein. Die Zellen werden ungefähr zur Hälfte mit einer teigigen Masse aus Pollen und Nektar gefüllt, die bei weitem nicht so zähflüssig ist wie bei C. cunicularius oder C. hederae. An die Decke der Zelle, aber auch direkt auf den Larvenproviant wird ein Ei gelegt. Die geschlüpfte Larve verzehrt das Futter. Am Ende ihrer Entwicklungszeit kotet sie und preßt ihre weitgehend aus Pollenresten bestehenden, dunkelgelben Exkremente ringsum an die Zellwände. (Aerts 1939, Blair 1920, Dörfler 1997, Enslin 1922, Esser 2005, Esser & Cölln 2001, Friese 1891, 1912, Haeseler 1972, Hamm 2009, Mader 1980, 1981a, 1981b, 1984, 1985, 1992, 1998, 1999, 2003, Malyshev 1923b, Nielsen 1903, Orlopp 1997, Plateaux-Quénu 1972, Rode 1962, Roller 1938, Scheloske 1973, 1974, Tischler 1951, Westrich 2001, Wickl 1994, 2009, eigene Beobachtungen; bezüglich der Quellen siehe Literaturverzeichnis in Westrich 2019).
Dieser Sandstein wird bereits seit 20 Jahren von Colletes daviesanus besiedelt und ist schon sehr deutlich durch Grabtätigkeiten ausgehöhlt.
Hunderte von Nesteingängen von Colletes daviesanus in einer Molassewand.
In einer Steilwand zu nisten kann auch riskant sein, wenn dort Spinnen versuchen, Beute zu machen.
Mit Rainfarn-Pollen gut beladen kehrt das Weibchen zu seinem Nest in der Steilwand zurück.
Brutzelle in Sandstein. Außer der Brutzelle ist noch ein Teil des zuführenden Ganges mit Sekreten ausgekleidet.
Brutzelle in einer Lehmwand.
Hier wurde ein Nest in einem Acrylglasröhrchen angelegt, ein seltener Fall. Vor den vier mit Futter und einem Ei versehenen Brutzellen ruht das Weibchen. [Großansicht]
Ebenfalls ein Nest in einem Acrylglasröhrchen. In den linken, zuerst versorgten Brutzellen wurde auf das nektarreiche Futter bereits ein Ei abgelegt. In der vorderen Zelle wurde gerade frischer Pollen deponiert. Beim nächsten Heimkommen wird das Weibchen auch Nektar hinzugeben. [Großansicht]
Ein Nest von Colletes daviesanus mit mehreren Brutzellen in einer zur Beobachtung hergerichteten, hölzernen Nisthilfe. Die Larven haben ihr Futter bereits aufgefressen.
Oligolektische, auf Asteraceae (Korbblütler), insbesondere Anthemideae spezialisierte Art (Müller & Kuhlmann 2008, Westrich 1990, 2019). Wichtigste Pollenquelle ist Tanacetum vulgare. Korbblütler sind auch die fast ausschließlichen Nektarquellen beider Geschlechter.
Vereinzelt wurde Epeolus variegatus an den Nestern beobachtet. In der Regel fehlt diese Art aber an den typischen Nistplätzen. An der schon seit rund 30 Jahren bestehenden Kolonie in meinem Garten ist Epeolus variegatus nie aufgetreten.
Univoltin. Flugzeit von Mitte Juni bis Ende August (Mitte September). Überwinterung als Ruhelarve.
Die Art ist nach wie vor häufig und ungefährdet. Allerdings werden Teilpopulationen dann beeinträchtigt, wenn Hauswände oder Mauern aus Sandstein, die von der Seidenbiene schon lange besiedelt sind, saniert werden. Colletes daviesanus ist eine Pionierart, die räumlich verstreute, vertikale Strukturen besiedelt. Eine bis ins kleinste Detail gehende und reich illustrierte Monographie wurde von Esser (2005) vorgelegt. Die Art hat eine echte Synanthropie entwickelt, auf die zuerst Haeseler (1972) hingewiesen hat. Diese kann soweit gehen, daß durch ihr massenhaftes Auftreten lokal sogar Gebäudeschäden entstehen können (Scheloske 1973). Durch die Einengung ihrer Nistmöglichkeiten (Verwendung von Baumaterialien, die für eine Besiedlung ungeeignet sind) ist sie im Siedlungsbereich jedoch bereits wieder im Rückgang begriffen, so daß in der jüngeren Zeit kaum noch eine Schadwirkung von dieser Seidenbiene ausgeht.
Ein gewisser Ausgleich läßt sich durch das Anbieten von Alternativen erreichen.
Esser, J. (2005): Die Seidenbiene Colletes daviesanus Smith 1846 – Lebensstrategie einer spezialisierten Wildbiene. – 82 S; Neunkirchen-S. (NIBUK).
Mader, D. (1980): Zur Substrat-Gebundenheit von Nestbauten der solitären Urbiene Colletes daviesanus (Hymenoptera: Colletidae). – Entomol. Gener., 6: 57–63.
Mader, D. (1999): Geologische und biologische Entomoökologie der rezenten Seidenbiene Colletes daviesanus. Band 1. – 807 S.; Köln (Logabook).
Müller, A. & Kuhlmann, M. (2008): Pollen hosts of western palaearctic bees of the genus Colletes (Hymenoptera: Colletidae): The Asteraceae paradox. – Biol. J. Linnean Soc. 95: 719–733.
Westrich, P. (1989): Die Wildbienen Baden-Württembergs. 2 Bände, 972 S., 496 Farbfotos; Stuttgart (E. Ulmer). [1990 2., verb. Auflage].
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands.– 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Als synanthrop bezeichnet man Tier- und Pflanzenarten, die an den menschlichen Siedlungsbereich angepaßt sind, sich dort erfolgreich vermehren und nicht auf Ergänzung ihrer Population von außerhalb angewiesen sind.