Bereits im Herbst 2018 und erneut im Juli 2019 erhielt ich Meldungen über neue Beobachtungen von Megachile sculpturalis, wofür ich mich herzlich bedanke und die ich nachfolgend wiedergebe.
Bereits am Oktober 2018 hatte mir Bernhard Bühler von einer im September mit Foto belegten Beobachtung eines Männchens in einer Kiesgrube bei Gschwend/Nesselwang im Oberallgäu auf ca. 800 m üNN berichtet.
Ein schon abgeflogenes Männchen aus einer Kiesgrube bei Gschwend/Nesselwang an Blutweiderich (Lythrum salicaria) (Foto: Bernhard Bühler).
Dr. Emil Weigand hat am 7. Juli 2019 in seinem Garten in 66620 Nonnweiler (Saarland) ein Männchen an der Breitblättrigen Platterbse (Lathyrus latifolius) beobachtet, das jedoch rasch von einem Männchen von Megachile ericetorum verjagt wurde. Weitere Exemplare konnte er bis dato nicht entdecken. Auch das beobachtete Männchen tauchte nicht wieder auf. Dieses dürfte aus einem vorjährigen Nest geschlüpft sein. Es ist jedoch ungeklärt, ob die Art im vergangenen Jahr bereits in Nonnweiler genistet hat oder ob ein Nest in jüngster Zeit durch Handelsgut eingeschleppt wurde. Sollte ein Brutnachweis gelingen, wäre er der bislang nördlichste in Europa.
Tobias Spörlein entdeckte am 14. Juli 2019 in seinem Garten in 83278 Traunstein (Oberbayern) an Lavendel ein frisch geschlüpftes Weibchen, das er auf einem Kürbisblatt sitzend ablichten konnte (siehe Foto). Somit liegen jetzt zwei Nachweise aus Bayern vor. Ein Brutnachweis steht noch aus, ist aber wohl bald zu erwarten.
Ein frisch geschlüpftes Weibchen von Megachile sculpturalis in Traunstein auf einem Kürbisblatt sitzend (Foto: Tobias Spörlein).
Erwin Scheuchl berichtete am 19. Juli 2019 von einer Beobachtung (Fotobeleg) eines Weibchens beim Blütenbesuch an Lathyrus tuberosus durch Johannes Selmansberger in 84186 Kapfing bei Vilsheim südlich von Landshut (Bayern).
Das Weibchen von Kapfing an Knollen-Platterbse (Lathyrus tuberosus). (Foto: Johannes Selmansberger).
Am 21. Juli 2019 erhielt ich von Siegfried Dietrich, die Nachricht, er hätte in 76139 Karlsruhe-Hagsfeld (Baden-Württemberg) im Hausgarten an seinen Nisthilfen ein Weibchen beobachtet. Später (24. Juli) teilte er mit, jeden Abend um 20 Uhr würde ein Weibchen für rund 20 Minuten erscheinen und die Nistgänge inspizieren.
Am 23. Juli 2019 teilte mir Josef Siebler mit, er habe in seinem Garten in 78476 Allensbach am Bodensee ein Weibchen beim Blütenbesuch an Sommerflieder (Buddleja) beobachtet und fotografiert.
Das Weibchen von Allensbach beim Blütenbesuch an Sommerflieder (Buddleja). (Foto: Josef Siebler).
Torsten Felgenhauer berichtete mir, daß er am 24. Juli 2019 in 73432 Aalen-Unterkochen drei Weibchen an seinen Nisthilfen (Nutbrettchen für Mauerbienen) beobachtet hatte und belegte die Meldung mit Fotos.
Am 22. Juli 2019 habe ich das Vorkommen in 88085 Langenargen, dem Ort des Erstnachweises in Deutschland, kontrolliert. Mindestens 20 Weibchen waren beim Nestbau, die meisten haben auch Pollen verschiedener Herkünfte (unterschiedliche Pollenfarben, darunter orangefarbener Schnurbaum-Pollen und weißer Pollen unbekannter Herkunft) eingetragen.
Am 27. und 28. Juli 2019 beobachtete Stefanie Zahler-Lorenz in Burgthann/Dörlbach bei Nürnberg (Mittelfranken, Bayern) ein Männchen beim Blütenbesuch an Blutweiderich (Lythrum salicaria).
Das Männchen von Dörlbach beim Blütenbesuch an Blutweiderich (Lythrum salicaria). (Foto: Stefanie Zahler-Lorenz).
Ebenfalls am 27. Juli 2019 entdeckte Petra Hillebrand in Stubenberg im Landkreis Rottach/Inn (Bayern) ein Weibchen an einer Nisthilfe. Auf Facebook, wo sie ein Foto zur Bestimmung gepostet hatte, wurde ihr geraten, mir den Fund mitzuteilen.
Am 31. Juli 2019 gelang es Heidi Mattheß in 78532 Tuttlingen (Obere Donau), Megachile sculpturalis beim Verschließen des Nestes in einer Nisthilfe mit einer Bohrung von 10 mm Durchmesser zu fotografieren. Dabei verwendete das Weibchen neben Harz auch alte Spinnweben, ein Material, das bei bisherigen Beobachtungen nicht festgestellt wurde, und Stückchen von morschem Holz (siehe Abbildungen). Neben Harz wird nach bisherigen Beobachtungen stets weiteres Material unterschiedlichster Herkunft (z. B. Holzstückchen, Erdbröckchen, Steinchen und nun auch Spinnweben) beim Nestbau genutzt. Bemerkenswert ist die Lage des Fundortes auf 670 m.
Das Weibchen von Tuttlingen an seinem Nest. (Foto: Heidi Mattheß).
Zum Bauen des Nestverschlusses holt das Weibchen unter einem Dach alte Spinnweben. (Foto: Heidi Mattheß).
Am 20. August 2019 erhielt ich von Pia Oberacker durch Vermittlung von Daniela Warzecha einen durch Fotos und die Beschreibung des Eintragens von Harzbrocken belegten Brutnachweis aus Karlsruhe-Durlach. In der Nähe des Nistplatzes stehen Schnurbäume, die jedoch nicht blühen, eine Beobachtung, die auch für andere Wuchsorte dieses Baums in diesem Jahr eigenartigerweise zutrifft. Der Fundort Durlach liegt nur etwa 3,5 km Luftlinie von dem Fundort Hagsfeld entfernt. Karlsruhe dürfte wie Freiburg i. Br. für die dauerhafte Besiedlung durch eine individuenreiche Population von Megachile sculpturalis geeignet sein.
Das Durlacher Weibchen beim Anflug an sein Nest, das in einem verlassenen Nest der Holzbiene (Xylocopa) angelegt ist. (Foto: Pia Oberacker).
Am 26. und 27. August 2019 beobachtete Monika Meindl an einer Nisthilfe aus Holz ein Weibchen beim Nestbau. Der Fundort ist Rosenheim (Oberbayern). Er liegt ca. 50 km westlich des nächstgelegenen Fundorts Traunstein. Es ist der fünfte Nachweis in Bayern.
Nur unweit, nämlich rund 5 km östlich von Rosenheim liegt Baierbach, wo Regina Maier an ihren Nisthilfen (Bambusröhren) Ende Juli ein Weibchen beim Nisten beobachtet und fotografiert hat. Frau Maier berichtet, die Art hätte bereits 2018 in der Innenstadt von Rosenheim in ihren Nisthilfen ein Nest aus Harz gebaut. Durch einen Wechsel des Wohnorts gelangten die Nisthilfen später nach Baierbach.
Am 10. September erhielt ich von Axel Ziegler die Nachricht, er habe am 9. August 2019 an in München auf einem Balkon an einer Nisthilfe eine Wildbiene beim Nisten beobachtet und fotografiert (siehe Foto) und am 7. September die verschlossenen Nester festgestellt. Seine Recherche ergab schließlich, daß es sich um Megachile sculpturalis handelt. Hiermit haben wir ein weiteres städtisches Vorkommen und Nachweise an sieben Lokalitäten in Bayern.
Das Weibchen von München, das vor dem Nest in einem Bohrgang einer hölzernen Nisthilfe Harz für die spätere Verwendung deponiert (zwischengelagert). (Foto: Axel Ziegler).
Die hier bisher zu sehende Karte zeigte die bisherigen in Deutschland bekannt gewordenen Nachweise von Individuen von Megachile sculpturalis an 21 Lokalitäten. Sie soll auf einer anderen Kartengrundlage neu erstellt werden. Nicht alle Funde sind auch Brutnachweise. (Auf die Benennung von neuen Funden in der Schweiz und in Österreich verzichte ich mittlerweile, weil in diesen Ländern bereits Untersuchungen durch Dritte laufen.) Mittels Mausklick rechts und »Grafik anzeigen« erhalten Sie eine vergrößerte Darstellung der Karte.
Die östlichen und nördlichen Fundorte liegen weit weg von anderen Lokalitäten, ohne Beobachtungen bzw. Meldungen in den Zwischenräumen. Nach neueren Beobachtungen in der Schweiz, wo die Dichte der Fundorte mittlerweile vergleichsweise hoch sein soll (Julia Lanner mündl. Mitt. Juli 2019), ist durchaus zu vermuten, daß sich die Art auch in Deutschland rasch ausbreitet und Weibchen aus Teilpopulationen auswandern, um an anderer Stelle neue Populationen zu gründen. Das mittlerweile fast flächendeckende Anbieten von Nistmöglichkeiten mit für die Art geeigneten Hohlräumen (röhrenartige Hohlräume von 8 bis 10 mm Durchmesser) ist für die Ausbreitung offensichtlich sehr förderlich. Bislang sind keine negativen Auswirkungen dieser adventiven Art bekannt. Interessanterweise konkurriert sie lediglich mit dem Neozoon Isodontia mexicana, einer Grabwespe, um den Nistplatz, da beide ähnliche Ansprüche an die Größe des Hohlraums haben, in dem sie nisten.
Die vorstehend genannten Funde wurden am 10. März 2020 in Eucera Nr. 14 veröffentlicht.
Wer auch immer in Deutschland Männchen oder Weibchen beobachtet oder Nester findet, den bitte ich um eine Nachricht an meine E-Mail-Adresse, um das Geschehen besser verfolgen und dokumentieren zu können. Hilfreich sind Befunde mit Fotos, gerne auch mit dem Handy aufgenommen, und eine Beschreibung der Fundumstände.
Wer sich für die mittlerweile weite Verbreitung der Art in Nordamerika interessiert, der findet auf der folgenden Seite rechts oben eine kartographische Darstellung der Fundorte (Google Maps).
Allen, die mir Funde mitgeteilt haben, sei auch an dieser Stelle gedankt.
Zu meiner Überraschung fand ich bei https://www.researchgate.net/ eine neue Publikation, die einen Erstnachweis auf der Halbinsel Krim (Crimean Peninsula) in Simferopol im September 2018 dokumentiert. Der Bericht ist mit Fotos des Nistplatzes (Nisthilfen für Hohlraumbesiedler auf einem Balkon), blütenbesuchender Weibchen und von Brutzellen mit Ei und Larven illustriert. Überrascht hat mich die Angabe, die Pollenladung eines Weibchens hätte ausschließlich Pollen der Schwarznessel (Ballota nigra), eines Lippenblütlers, enthalten. Allerdings schreiben die Autoren, es wäre nur wenig Pollen in der Scopa gewesen. Ich hoffe, im kommenden Jahr mehr über die hierzulande genutzten Pollenquellen herauszufinden, denn bislang sind es überwiegend die Blüten von Gehölzen, die der Pollenernte dienen. Ich nehme wie die beiden Autoren an, daß das Auftreten derart weit im Nordosten der nächsten bisher bekannten Lokalität in Ungarn (1130 km Luftlinie entfernt) auf Verschleppung zurückgeht, d.h. auf Transport von Gütern in LKW oder Zügen.
Ivanov, S.P. & Fateryga, A.V. (2019): First record of the invasive Giant Resin Bee Megachile (Callomegachile) sculpturalis Smith, 1853 (Hymenoptera: Megachilidae) in the Crimea.– Far Eastern Entomologist 395: 7–13.
Wie die Art in der Schweiz, in Österreich und in Lichtenstein im Februar 2020 verbreitet war, wird in einer jüngst (10. Juli 2020) erschienenen Publikation von Lanner et al. (2020) dargestellt. Die Autoren haben (ohne vorherige Rücksprache) darüber hinaus auch von mir in Eucera Nr. 9 und 14 für Deutschland veröffentlichte Funde in ihre Karte übernommen, allerdings fehlt ein Teil der bis Ende 2019 erfolgten Nachweise.
Am 18. August 2020 haben mir Pauline Bühler und Andreas Danzl den Erstnachweis in Innsbruck (Österreich) mitgeteilt. Ein Weibchen wurde an Nisthilfen auf einem Balkon im Stadteil Arzl gesichtet. Innsbruck ist in der Liste der österreichischen Fundorte nach meiner Kenntnis bislang nicht verzeichnet.
Das Weibchen von Megachile sculpturalis von Innsbruck. (Foto: Andreas Danzl).
Lanner, J., Huchler, K., Pachinger, B., Sedivy, C. & Meimberg, H. (2020): Dispersal patterns of an introduced wild bee, Megachile sculpturalis Smith, 1853 (Hymenoptera: Megachilidae) in European alpine countries. – PLoS ONE 15(7): e0236042. Herunterzuladen über: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0236042
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21. August 2020