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Sammeln und präparieren

Eine Vergleichssammlung ist notwendig

Selbst bei guter Formenkenntnis und jahrelanger Übung ist nur rund ein Drittel der heimischen Bienenarten im Gelände bis auf die Art einigermaßen sicher zu bestimmen. Daher ist man leider gezwungen, Tiere zu fangen und für die Bestimmung abzutöten, wenn man z. B. eine faunistische Bestandserhebung durchführen will oder Exemplare für Pollenanalysen benötigt. Zur Einarbeitung in die Formenfülle und zur Erlangung der Artenkenntnis ist es ohnehin zwingend erforderlich, eine Vergleichssammlung anzulegen. Dazu muß man notgedrungen so lange Bienenexemplare im Gelände der Natur entnehmen, bis man genügend Übung und Erfahrung im Ansprechen der Arten hat.

Auch wenn das Sammeln von Bienen in der Regel kein Gefährdungsfaktor ist, so sollte man sich beim Sammeln dennoch immer bewußt sein, daß es sich bei Bienen um Lebewesen handelt, die eine Daseinsberechtigung haben, auch wenn es sich »nur« um Insekten handelt. Jeder, der Bienen sammelt, auch wenn er dies für rein wissenschaftliche Zwecke tut, sollte deshalb nur soviele Tiere der Natur entnehmen, wie unbedingt notwendig. Die überwiegende Zahl der in Deutschland vorkommenden Bienenarten ist taxonomisch geklärt und hier ist das Sammeln von vielen Exemplaren am gleichen Fundort eigentlich nicht nötig. Lediglich bei taxonomisch problematischen Taxa oder im Rahmen spezieller taxonomischer Studien sind Serienfänge in bestimmten Fällen zu verantworten. Man sollte sich immer vor Augen halten, daß man durch Mitnahme vieler Tiere der gleichen Art seine eigenen Beobachtungsmöglichkeiten reduziert, vor allem dann, wenn man sich eingehender für den Nestbau oder das Blütenbesuchsverhalten interessiert.

Sammlungskasten

Blick in einen Sammlungskasten mit Exemplaren verschiedener Arten von Wollbienen und Harzbienen (Anthidium).

Ist das Sammeln von Bienen erlaubt?

Nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) benötigte bisher jeder, der Wildbienen fangen oder ihre Nester eintragen will, auch wenn er dies für rein wissenschaftliche Zwecke tut oder um Artenschutzmaßnahmen mit entsprechenden Belegtieren begründen zu können, eine Ausnahmegenehmigung der Naturschutzbehörde. Mit der Änderung des Naturschutzgesetzes brauchte dann keine Ausnahmegenehmigung mehr beantragt werden, wenn die Untersuchung im Auftrag einer Behörde erfolgte [§ 44 (6) BNatSchG: Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden.]. Da viele Wildbienen auch für den Spezialisten im Gelände nicht zu bestimmen sind und eine gründliche Einarbeitung in die Wildbienentaxonomie das Anlegen einer Vergleichssammlung notwendig macht, wäre es eigentlich sinnvoll und notwendig gewesen, daß die zuständigen Behörden (Regierungspräsidien, Landratsämter) fachlich begründete Anträge auch dann genehmigen, wenn die Entnahme von Bienen nicht im Auftrag einer Behörde erfolgt. Dies auch im Hinblick darauf, daß nur die faunistisch-ökologische Forschung fundiertes Datenmaterial für den Artenschutz liefern kann. Das Ergebnis der Schutzbestimmungen sollte nämlich nicht sein, individuelle naturkundliche Interessen und damit zusammenhängende Forschungsarbeiten durch die im Einzelfall erforderlichen Ausnahmegenehmigungen zu behindern. Wir sollten froh sein, wenn jemand bereit ist, sich in die schwierige Taxonomie der Wildbienen einzuarbeiten und Freilandforschung zu betreiben.

Im Juni 2021 wurde vom Bundestag und Bundesrat ein Gesetz zum Schutz von Insekten beschlossen, das eine wesentliche Verbesserung für das Sammeln von Bienen bedeutet.

Nach §39 (1) BNatSchG ist es verboten,
1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten.

Nach §39 Absatz 4 wurde folgender Absatz 4a eingefügt

(4a) Ein vernünftiger Grund nach Absatz 1 liegt insbesondere vor, wenn wissenschaftliche oder naturkundliche Untersuchungen an Tieren oder Pflanzen sowie diesbezügliche Maßnahmen der Umweltbildung im zur Erreichung des Untersuchungsziels oder Bildungszwecks notwendigen Umfang vorgenommen werden. 

Damit sollte es nun möglich sein, ohne eine spezielle Ausnahmegenehmigung Wildbienen für faunistisch-ökologische Untersuchungen der Natur zu entnehmen und auch für Sammlungszwecke zu töten und zu präparieren.

Hinweis: Dies ist keine Rechtsberatung, sondern eine unverbindliche Information ohne jede Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Jede Haftung ist ausgeschlossen.


Ein Hinweis für Kritiker des Insektensammelns: Hätten in früheren Jahrzehnten die Faunisten und Taxonomen nicht umfangreiches Bienenmaterial rein um des Sammelns willen zusammengetragen und in den Museen hinterlegt, wären viele der Untersuchungen und Auswertungen, die ich und andere Forscher in der Vergangenheit angestellt haben, nicht möglich gewesen. Und wie wichtig sind die aus solchen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse für den Artenschutz!

Wann, wo und wie sammeln?

Da die Wildbienen durchweg heliophil (sonnenliebend) sind, wird man bei trockenem, sonnigem und windstillem Wetter am erfolgreichsten sein. Nur die Hummeln und einige Sandbienen fliegen auch bei regnerischer Witterung. Will man möglichst viele Arten kennenlernen, sollte man Lebensräume unterschiedlichster Art aufsuchen. Wichtig ist das Absuchen der Blüten der Nahrungspflanzen und der spezifischen Nistplätze. Durch das Eintragen von Nestern und daraus resultierende Zuchten oder die Berücksichtigung der Schlafgewohnheiten werden wir mit weiteren Bienenarten vertraut.

Der Sichtfang ist stets anderen Fangmethoden vorzuziehen, weil er gleichzeitig die Möglichkeit bietet, das Verhalten der Tiere, Nahrungspflanzen oder Nistplätze und sonstiges zu beobachten und quasi nebenbei mitzuerfassen. Farbschalen und Fensterfallen liefern außer faunistischen Nachweisen keine biologischen oder tierökologischen Informationen. Dennoch kann ihre Verwendung in bestimmten Fällen angebracht und verantwortbar sein, ebenso wie die Verwendung einer Malaise-Falle wie sie Townes (1972) beschreibt und Kuhlmann (1994) diskutiert. Gerade bei der Verwendung der Malaise-Falle sollten strenge Kriterien gelten und geprüft werden, ob nicht andere Methoden zum gewünschten faunistischen Ergebnis führen können.

Welchen Netztyp man für den Fang wählt, muß jeder für sich herausfinden. Der Fachhandel z. B. Bioform bietet hierzu verschiedene Typen zur Auswahl an. Wenn beim Streifen durch die Vegetation viele kleinere Bienen ins Netz geraten, kann es günstig sein, einen Exhaustor zu verwenden, um die Tiere aus dem Netz herauszusaugen.

Hinweis: Die Firma Entomologie Meier in München hat zum 31.12.2021 ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Eine Übernahme von dritter Seite ist bislang offenbar (noch) nicht erfolgt.

Als Tötungsmittel kann ich nur Essigsäureethylester (»Essigäther«) empfehlen. Cyankali, das beim Sammeln von Schmetterlingen eingesetzt wird, ändert die Gelbfärbung der Hymenopteren auf rot und kann dann zu Fehlbestimmungen führen. Außerdem verkrampfen sich die Tiere im Cyankali derart, daß sie viel schwieriger zu präparieren sind. Essigether muß allerdings sehr sparsam verwendet werden, damit die Tiere nicht feucht werden und verkleben. Ins Tötungsglas gebe ich reichlich saugfähiges Material, z. B. Streifen aus einzelnen Lagen von Papiertaschentüchern. Zu beachten ist, daß große Bienen wie Pelzbienen oder Hummeln oft den Nektar im Tötungsglas erbrechen. Bei längeren Sammelaufenthalten kann man am Ende des Tages die Tiere zwischen Lagen von Papiertaschentüchern (besser: fusselfreie Papiertücher wie z. B. Kimwipes der Firma Kimberly-Clark) in gut schließenden Behältern für den Transport unterbringen. Zur Verhütung von Schimmelbildung gebe man etwas Naphthalin dazu. Daß alle Funde mit den entsprechenden Fangdaten versehen werden und man für detaillierte Notizen stets ein Geländebuch mit sich führt, sollte selbstverständlich sein.

Die Präparation

Bei den Männchen sollte der Genitalapparat aus dem Abdomenende herausgezogen werden, was mit einer vorne hakenförmig umgebogenen, feinen Nadel keine Schwierigkeiten bereitet. Geschieht dies bei der Präparation unmittelbar nach dem Fang, braucht man die Tiere später nicht aufzuweichen. Bei den Nadeln (»insect pins«) sollten nur solche aus rostfreiem Stahl (»stainless steel«) verwendet werden. Es gibt Nadeln unterschiedlicher Dicke( Nummern 0, 1, und 2). Je nach Größe des zu nadelnden Exemplars verwendet man die jeweils am besten geeignete Nadel. Hierbei spielt auch die Erfahrung eine Rolle. Genadelte Tiere sind bald nach der Präparation zu etikettieren und mit Angaben zu Fundort, Funddatum und Sammler leserlich zu beschriften. Die Funddaten müssen jederzeit nachvollziehbar sein. Nummern oder mißverständliche Abkürzungen sind zu vermeiden. Unvollständig etikettierte Objekte sind für wissenschaftliche Auswertungen völlig wertlos. Bei besonders kleinen Objekten verwendet man sogenannte Minutien oder man klebt sie mit einem speziellen Leim auf kleine Papierplättchen.

Will man Bienen mit der Post verschicken, z.B. an einen Spezialisten zur Überprüfung der eigenen Determination, muß das Behältnis mit den genadelten Tieren stets in einer weiteren Schachtel mit reichlich stoßabsorbierendem Material (zerknülltes Zeitungspapier, Styroporschnipsel, Schnipsel aus kompostierbaren Materialien) gut gepolstert verpackt werden, damit keine Fühler, Beine oder Hinterleiber durch heftige Stöße während des Transports abbrechen.

Die Aufbewahrung

Grundsätzlich sollte das Sammlungsmaterial in einem trockenen Raum aufbewahrt werden. Feuchte Verhältnisse (z. B. im Keller) führen zum Verschimmeln der Sammlungsexemplare. Die Kästen mit den Präparaten (Bezugsquelle siehe oben) sollten dicht schließen und regelmäßig kontrolliert werden, um Schädlingsfraß zu vermeiden. Deshalb sollte man während der Vegetationsperiode den Einflug von Museumskäfern (Anthrenus) von außen in Räume mit Sammlungen oder Sammlungsexemplaren (Schreibtisch!) durch geeignete Maßnahmen verhindern. In Sammlungen treten sowohl der »klassische« Museumskäfer, der Kabinettkäfer Anthrenus museorum , als auch der Wollkrautblütenkäfer Anthrenus verbasci als Schädlinge auf. Sie gehören zur Familie der Speckkäfer (Dermestidae).

Anthrenus verbasci

Einer Sammlung entnommenes, totes Exemplar von Anthrenus verbasci.

Schaden durch Anthrenus

Das ist das Ergebnis, wenn ein Museumskäfer in einen Sammlungskasten gelangt ist und die Larve ein Bienenexemplar zerfressen hat. Unter den Kopfresten sind Kotspuren zu sehen. Rechts unten liegt die abgestreifte Haut der borstigen Käferlarve, die sich bereits auf den Weg zum nächsten »Opfer« gemacht hat.

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