Die Gattung Nomioides ist über weite Teile der alten Welt verbreitet: Kanarische Inseln, gesamter Mittelmeerraum, Mitteleuropa, Afrika mit Madagaskar, besonders artenreich in Zentralasien, Nordaustralien (Michener 1979, Ebmer 1987, Pesenko et al. 2000). In Deutschland gibt es nur die eine Art N. minutissimus. Außer dieser Art wurde in Österreich auch N. variegatus nachgewiesen (Scheuchl & Willner 2016). Keine der beiden Arten kommt in der Schweiz vor (Amiet et al. 1999), N. facilis ist jedoch nicht allzu weit von der Schweizer Südgrenze im Aosta-Tal anzutreffen (Amiet et al. 1999).
Der wissenschaftliche Gattungsname ist irreführend, da keine Ähnlichkeit mit Nomia vorliegt. N. minutissimus gehört mit einer Größe von nur 4–5 mm zu den kleinsten heimischen Bienen. Darauf verweist auch der wissenschaftliche Name, denn minutissimus heißt übersetzt der Kleinste (der Gattungsname ist männlich). Die Weibchen haben einen grün gefärbten Kopf und Thorax, ihr Abdomen ist hellgelb gezeichnet. Die Männchen sind durchweg dunkelgrün bis schwarz, ihre Fühler sind verhältnismäßig lang. An den wenigen Stellen, an denen die Art in Süddeutschland vorkommt, ist sie in beiden Geschlechtern leicht zu erkennen, sofern man sie entdeckt. Dies gilt letztlich auch für die beiden anderen in Europa vorkommenden Arten N. facilis (Smith 1853) und N. variegatus (Oliver 1789).
Nomioides minutissimus, Männchen
Nomioides minutissimus, Weibchen
Lange wurden alle Arten der Verwandtschaftsgruppe in eine einzige Gattung Nomioides gestellt. Michener (2007) folgt Pesenko (1983), der das Taxon Ceylalictus Strand 1913 von Nomioides abtrennt und von den europäischen Arten nur N. variegatus dazustellt. Ebmer (1987) erkennt Ceylalictus jedoch nur den Rang einer Untergattung zu. Schwarz et al. (1996) sowie Gusenleitner et al. (2012) folgen ihm. Scheuchl & Willner (2016) schließen sich jedoch Michener an. Einen Schlüssel für die europäischen Arten von Nomioides (inkl. Ceylalictus) bringt Ebmer (1987: 87).
In Mitteleuropa sind Nomioides-Arten äußerst selten und als Reliktformen inselartig auf wenige Lokalitäten beschränkt. N. minutissimus bewohnt als einzige in Deutschland vorkommende Art ausschließlich Flugsandgebiete, insbesondere Binnendünen, deren Kleinklima den hohen Wärmeansprüchen dieser Steppenbiene während der Flug- und Larvalzeit entgegenkommt. Die Sandoberfläche erwärmt sich bei Sonneneinstrahlung sehr schnell und verschafft der nur 4–5mm großen Biene rasch die für ihre Nistaktivitäten nötige »Betriebstemperatur« (Burger 2015, Mazzucco 1997, Wiesbauer & Mazzucco 1999).
Steppenbienen nisten ausschließlich im Boden, meist in kleineren bis größeren Kolonien (30–50 Nester). N. minutissimus bevorzugt für die Nestanlage gänzlich oder nahezu vegetationsfreie Stellen, die eben oder schwach geneigt sind. In Deutschland werden die Nester nur in Flugsand gebaut, in außerdeutschen Gebieten, wo ein wärmeres Klima herrscht, nimmt die Art auch mit anderen Bodenarten vorlieb. Zu Details zum Nestbau siehe den Steckbrief. Die Biologie von Nomioides variegatus (Olivier) wurde von Rust et al. (2004) ausführlich dargestellt.
Nomioides-Arten sind ausgesprochen polylektisch und besuchen die verschiedensten Pflanzen aus mindestens 12 Pflanzenfamilien als Pollenquellen.
Ein Weibchen der in Südeuropa verbreiteten Art Nomioides facilis sammelt Pollen an der Wilden Resede (Reseda lutea). (I, Aosta-Tal, 2006).
Im heimischen Verbreitungsgebiet sind Kuckucksbienen von N. minutissimus bislang nicht bekannt geworden.
Steppenbienen sind Sommerformen, die im Juli und August fliegen und eine bis drei (Südeuropa) Generationen haben.
Amiet, F., Müller, A. & Neumeyer, R. (1999): Apidae 2. Colletes, Dufourea, Hylaeus, Nomia, Nomioides, Rhophitoides, Rophites, Sphecodes, Systropha. – Fauna Helvetica 4, 210 S.
Burger, R. (2015): Zur Phänologie der Steppenbiene Nomioides minutissimus (Rossi 1790) in Südwestdeutschland – Pollichia-Kurier 30(4): 14–16.
Ebmer, A. W. (1987): Die europäischen Arten der Gattungen Halictus Latreille 1804 und Lasioglossum Curtis 1833 mit illustrierten Bestimmungstabellen (Insecta: Hymenoptera: Apoidea: Halictidae: Halictinae). 1. Allgemeiner Teil, Tabelle der Gattungen. – Senckenbergiana biol. 68:59–148.
Gusenleitner, F., Schwarz, M. & Mazzucco, K. (2012): Apidae (Insecta: Hymenoptera). – S. 9–129 in: Checklisten der Fauna Österreichs, No. 6; Wien (Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften).
Mazzucco, K. (1997): Tierwelt der Sanddünen. S. 43–70 in: Wiesbauer, H. & Mazzucco, K. (Hrsg.), Dünen in Niederösterreich. Ökologie und Kulturgeschichte eines bemerkenswerten Landschaftselementes. – Fachberichte des NÖ Landschaftsfonds 6/97, 90 S.
Michener, C. D. (1979): Biogeography of the bees. – Ann. Missouri Bot. Gard. 66: 277–347.
Michener, C. D. (2007): The Bees of the World. 2. Aufl. Baltimore and London (The John Hopkins University Press). (1. Auflage 2000).
Pesenko, Y. A. (1983): Nomioides. – In: Fauna SSSR 17 (1).
Pesenko, Y. A., Banaszak, J., Radchenko, V. G. & Cierniak, T. (2000): Bees of the family Halictidae (excluding Sphecodes) of Poland: taxonomy, ecology, bionomics. – IX 348 S., Bydgoszcz.
Rust, R.W., Cambon, G. & Vassière, B.E. (2004): Biology of Nomioides variegatus (Oliver) (Hymenoptera: Halictidae). – Annales Société Ent. France 40: 269–276. DOI: 10.1080/00379271.2004.10697425
Scheuchl, E. & Willner, W. (2016): Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas. 917 S., Wiebelsheim (Quelle & Meyer).
Schwarz, M., Gusenleitner, F., Westrich, P. & Dathe, H.H. (1996): Katalog der Bienen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz (Hymenoptera, Apidae). - Entomofauna, Supplement 8, 398 S.; Linz.
Wiesbauer, H. & Mazzucco, K. (1999): Sandlebensräume in Österreich und ihre Bedeutung für Stechimmen. – Umweltbundesamt Wien, 72 S.
Ein blauer Link verweist auf einen Steckbrief.