Die Gattung Lasioglossum ist weltweit verbreitet und in vielen Gebieten nicht nur außerordentlich arten-, sondern auch individuenreich. Aus Deutschland wurden 72 Arten bekannt (Österreich: 77, Schweiz: 77).
4–14 mm. Die Arten der Gattung Lasioglossum nennen wir wegen ihres meist schlanken Körperbaus Schmalbienen. Von Halictus unterscheiden sie sich durch das reduzierte Flügelgeäder, was aber nur mit optischen Hilfsmitteln zu sehen ist. Sie sind vielfach unscheinbar und meist dunkel gefärbt. Manche, von denen L. morio die weitaus häufigste ist, sind allerdings metallisch grün oder blau. Die Weibchen aller Arten haben wie bei Halictus auf dem letzten Hinterleibssegment eine furchenartige Behaarung. Der am deutlichsten sichtbare Unterschied liegt in dem Fehlen von dichten ( !) Haarbinden auf den Hinterleibstergiten (L. sexstrigatum hat zumindest Haarfransen). Meist sind es kleine bis mittelgroße Bienen (3,5–11 mm). Kaum eine Art erreicht die Größe der Honigbiene. Nur wenige Arten, wie z. B. L. costulatum und L. xanthopus, lassen sich bei einiger Übung und Erfahrung im Feld gut ansprechen. Manchmal hilft auch die Lebensweise und die entsprechenden Arten lassen sich an ihren Nestern erkennen (z. B. L. malachurum, L. marginatum).
Mit der Gattung Halictus ist die Gattung Lasioglossum so nah verwandt, daß die darin enthaltenen Arten über eine sehr lange Zeit von den Autoren (Frey-Gessner, Alfken, Friese, Blüthgen, Warncke, Westrich) nicht von Halictus getrennt und unter diesem Namen geführt wurden (siehe Bemerkungen bei der Gattung Halictus). Die hier vorgelegte Auffassung folgt Michener und Ebmer, nach denen eine Trennung der beiden Gattungen auf weltweiter Basis möglich ist und Übergänge nicht vorhanden sind (zu den Literaturzitaten siehe Westrich 2019). Von manchen Autoren wird Evylaeus Robertson 1902 als eigene Gattung von Lasioglossum s. l. abgetrennt (u. a. Pesenko 2007, Pesenko et al. 2000, Přidal & Veselŷ 2011). Wie bei Michener (1944) und Ebmer (1987a) wird hier Evylaeus nur als Untergattung von Lasioglossum aufgefaßt. In Deutschland sind nur die beiden Untergattungen Lasioglossum s. str. und Evylaeus vertreten. Zu beachten ist, daß im Gegensatz zu dem männlichen Namen Halictus der Name Lasioglossum sächlich ist, so daß die meisten Artnamen wegen der lateinischen Grammatik mit -um enden, wenige auch mit -e, lediglich L. xanthopus und L. leucopus haben abweichende Endungen, da sie sich von den griechischen Wörtern xanthos = gelb bzw. leucos = weiß und pus = Fuß herleiten.
Viele Arten sind auch mit optischen Hilfsmitteln nur schwer zu bestimmen und benötigen Erfahrung und eine gute Vergleichssammlung. Bei den meisten Arten ist eine vorherige Präparation, bei den Männchen auch der Genitalien, sowie ein gutes Stereomikroskop notwendig. Zur Bestimmung empfohlen werden die gleichen Tabellen, die bei Halictus angegeben sind.
Schmalbienen besiedeln Lebensräume des Offenlandes wie Sand-, Kies- und Lehmgruben, Wiesen, Raine und Böschungen, Brachen und Ruderalfluren. Eine ganze Reihe kann auch im Siedlungsbereich existieren. Wenige Arten kommen vorwiegend in lichten Wäldern oder vergleichbar kühlen Lebensräumen (Moore) vor (L. rufitarse , L. fratellum, L. subfulvicorne)
Alle mitteleuropäischen Lasioglossum-Arten nisten – soweit bekannt – in der Erde, meist an schütter bewachsenen oder vegetationsfreien Stellen. Die Nester sind daher oft auf Feldwegen, Fußpfaden oder sonstigen durch Menscheneinwirkung vegetatonsfrei gehaltenen Plätzen zu finden. Manche Arten zeigen eine Vorliebe für ganz bestimmte Bodenverhältnisse: Zur Nestanlage bevorzugen L. limbellum und L. parvulum Steilwände, L. nitidulum Spalten in Mauern und Felswänden, L. malachurum lehmige, stark verdichtete, horizontale Flächen. Viele Arten nisten gesellig, weshalb man unter günstigen Umständen Ansammlungen von Hunderten bis Tausenden von Nestern finden kann. Es gibt aber auch (außereuropäische) Lasioglossum-Arten, die in morschem Holz, unter der Borke umgestürzter Baumstämme oder in verlassenen Fraßgängen holzbewohnender Käfer nisten (Sakagami & Michener 1962).
Das Flugloch der Nester hat in der Regel einen geringeren Durchmesser als der sich anschließende Hauptgang (z. B. bei L. calceatum, L. leucozonium, L. malachurum, L. politum, L. puncticolle, L. villosulum). Der Nesteingang vieler Arten (z. B. L. malachurum) liegt im Zentrum eines kleinen Erdwalles, während er sich bei anderen Arten (z. B. L. marginatum, L. pauxillum, L. politum) als Erdröhre über die Erdoberfläche fortsetzt. Beim Bau dieses »Kamins« helfen die Mandibeln und oft auch das Abdomenende. Bisweilen wird Speichel beigemischt bzw. die Innenseite mit einem Sekret ausgekleidet. Die Kamine sind wahrscheinlich eine Weiterentwicklung des häufigen Eingangskraters. Möglicherweise schützen sie das Nest besser vor Räubern oder Parasiten. Denkbar ist aber auch, daß sie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung (im Verlauf der Bienenevolution) eine andere, allerdings unbekannte Funktion hatten, die sich heute nicht mehr ermitteln läßt. Der Nesteingang wird bei Nacht und, wenn keine Sammelflüge ausgeführt werden, auch bei Tage oft geschlossen. Bei L. marginatum findet die Eiablage erst dann statt, wenn der Hauptgang von innen dadurch fest verschlossen ist, daß sein größter Teil mit Erde aufgefüllt wird; in Nestern des ersten Jahres betrifft dies die obersten 30 cm. Das Nest wird bei manchen Arten bewacht, indem direkt im Nesteingang eine Biene als Wächterin sitzt und mit ihrem Kopf den Eingang verschließt (z. B. bei L. malachurum). Bei L. marginatum allerdings wird das Nest niemals bewacht.
Die Brutzellen sind oval, ihr Boden ist leicht abgeflacht. Die Innenwand ist glatt und glänzend, da sie mit einem Sekret ausgekleidet ist. Walckenaer (1817) hat bei L. calceatum bereits das Vorhandensein einer weißen Substanz festgestellt, die die Nesteingänge auf der Innenseite vollständig auskleidet. Lasioglossum-Arten besitzen wie alle nestbauenden Halictidae eine besonders große Dufour-Drüse. Bei den brutparasitischen Arten der Gattung Sphecodes dagegen ist sie zurückgebildet (Hefetz et al. 1978). Aufgrund gaschromatographischer Untersuchungen an Lasioglossum (Cane 1981) sowie Beobachtungen des Nestbauverhaltens der Weibchen (Batra 1968) wissen wir, daß das Sekret der Dufour-Drüse in polymerisierter Form zur wasserdichten Auskleidung der Brutzellen, teils auch der Gänge dient. Dadurch wird für die heranwachsenden Larven eine ausreichende Luftfeuchtigkeit gesichert und der als Larvennahrung eingelagerte Pollen vor eindringendem Wasser geschützt. Bei L. malachurum dient das Auskleiden der Nesteingänge zur Erkennung des eigenen Nest es (Hefetz et al. 1978). Als Hauptbestandteile dieses Sekrets, das vermutlich auch bei der Geschwistererkennung eine Rolle spielt, wurden bei den bisher untersuchten Arten makrozyklische Laktone sowie Alkane und Alkene identifiziert. Die jeweilige Zusammensetzung ist artspezifisch (Bergström & Tengö 1979, Cane 1983, Hefetz et al. 1978, 1986).
Der Lebenszyklus von der Nestgründung bis zur Nestauflösung ist bei den Schmalbienen sehr mannigfaltig. Er reicht von rein solitären über kommunale bis hin zu primitiv eusozialen Formen mit sämtlichen Zwischenstufen. Daher kann man die Schmalbienen gut für vergleichende Untersuchungen zur Evolution des Sozialverhaltens heranziehen. Die oft komplizierte Sozialstruktur ist bei zahlreichen Arten aber noch gar nicht untersucht und daher auch nicht bekannt. Danforth et al. (2003) ziehen aus ihren Untersuchungen die Schlußfolgerung, daß Eusozialität innerhalb der Gattung Lasioglossum nur einmal entstanden ist, aber daß es mehrfache Rückentwicklungen von der eusozialen zur solitären Lebensweise gab. Sie vermuten, daß der Verlust der Eusozialität sogar häufiger ist als deren Entstehung.
Weitere Details zur sozialen bzw. solitären Lebensweise von Lasioglossum siehe die Darstellung in Westrich (2019: 131ff).
Fast alle Lasioglossum-Arten sind polylektisch. Daher treffen wir sie auf den Blüten von Vertretern von mindestens 20 Pflanzenfamilien bei der Pollenernte an. In Mitteleuropa sind nur zwei Arten oligolektisch. Sie sind auf Glockenblumengewächse (Campanulaceae) spezialisiert: L. costulatum und die in Österreich extrem selten aufgefundene Art L. kussariense (Blüthgen 1925).
Die meisten Arten überwintern als begattete Weibchen entweder im alten Nest oder in anderen Schlupfwinkeln in der Erde. L. pallens macht hier eine Ausnahme, da beide Geschlechter dieser Art als Imagines in Diapause gehen, also ihre Nester erst im Frühjahr verlassen. Die Paarung erfolgt bei den Schmalbienen oft auf der Erde im Nestbereich. Manche Arten (z. B. L. calceatum, L. marginatum) kopulieren innerhalb der Nester.
Amiet, F., M. Herrmann, A. Müller & R. Neumeyer (2001): Apidae 3. Halictus, Lasioglossum. – Fauna Helvetica 6, 208 S.
Batra, S. W. T. (1968): Behavior of some social and solitary halictine bees within their nests: a comparative study Hymenoptera, Halictidae). – J. Kansas Ent. Soc. 41: 120–133.
Bergström, G. & Tengö, J. (1979): C24–, C22–, C20– and C18–macrocyclic lactones in halictide bees. – Acta Chem. Scand., Ser. B, 29: 390.
Cane, J. H. (1981): Dufour’s gland secretion in the cell linings of bees (Hymenoptera: Apoidea). – J. Chem. Ecol., 7: 403–410.
Cane, J. H. (1983): Olfactory evaluation of Andrena host nest suitability by kleptoparasitic Nomada bees (Hymenoptera: Apoidea). – Anim. Behav. 31: 138–144.
Danforth, B. N., Conway, L. & Ji, S. (2003): Phylogeny of eusocial Lasioglossum reveals multiple losses of eusociality within a primitively eusocial clade of bees (Hymenoptera: Halictidae). – Syst. Biol. 52: 23–36.
Hefetz, A., Blum, M. S., Eickwort, G. C.& Wheeler, J. W. (1978): Chemistry of the Dufour’s gland secretion of halictine bees. – J. Comp. Biochem. Physiol. (B) 61: 129–132.
Hefetz, A., Bergström, G. & Tengö, J. (1986): Species, individual and kin specific blends in Dufour’s gland secretions of Halictine bees. – J. Chem. Ecol., 12: 197–208.
Michener, C. D. (2007): The Bees of the World. 2. Aufl. Baltimore and London (The John Hopkins University Press) (1. Auflage 2000).
Sakagami, S. F. & Michener, C. D. (1962): The nest architecture of the sweat bees (Halictinae). A comparative study of behavior. – 135 S.; Lawrence (Univ. of Kansas Press).
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands.– 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Ein blauer Link verweist auf einen Steckbrief.
Lasioglossum aeratum
Lasioglossum albipes
Lasioglossum albocinctum
Lasioglossum alpigenum
Lasioglossum angusticeps
Lasioglossum bavaricum
Lasioglossum bluethgeni
Lasioglossum brevicorne
Lasioglossum breviventre
Lasioglossum buccale
Lasioglossum calceatum
Lasioglossum clypeare
Lasioglossum convexiusculum
Lasioglossum corvinum
Lasioglossum costulatum
Lasioglossum cupromicans
Lasioglossum euboeense
Lasioglossum fratellum
Lasioglossum fulvicorne
Lasioglossum glabriusculum
Lasioglossum griseolum
Lasioglossum intermedium
Lasioglossum interruptum
Lasioglossum laeve
Lasioglossum laevigatum
Lasioglossum laticeps
Lasioglossum lativentre
Lasioglossum leucopus
Lasioglossum leucozonium
Lasioglossum limbellum
Lasioglossum lineare
Lasioglossum lissonotum
Lasioglossum lucidulum
Lasioglossum majus
Lasioglossum malachurum
Lasioglossum marginatum
Lasioglossum marginellum
Lasioglossum minutissimum
Lasioglossum minutulum
Lasioglossum monstrificum
Lasioglossum morio
Lasioglossum nigripes
Lasioglossum nitidiusculum
Lasioglossum nitidulum
Lasioglossum pallens
Lasioglossum parvulum
Lasioglossum pauperatum
Lasioglossum pauxillum
Lasioglossum pleurospeculum
Lasioglossum politum
Lasioglossum prasinum
Lasioglossum punctatissimum
Lasioglossum puncticolle
Lasioglossum pygmaeum
Lasioglossum quadrinotatulum
Lasioglossum quadrinotatum
Lasioglossum quadrisignatum
Lasioglossum rufitarse
Lasioglossum semilucens
Lasioglossum setulosum
Lasioglossum sexmaculatum
Lasioglossum sexnotatum
Lasioglossum sexstrigatum
Lasioglossum smeathmanellum
Lasioglossum subfasciatum
Lasioglossum subfulvicorne
Lasioglossum subhirtum
Lasioglossum tarsatum
Lasioglossum tricinctum
Lasioglossum villosulum
Lasioglossum xanthopus
Lasioglossum zonulum