Die Gattung Halictus ist vorwiegend paläarktisch verbreitet und insbesondere in Eurasien mit einem großen Artenreichtum vertreten. Wahrscheinlich gehören die Furchenbienen und die mit ihnen eng verwandten Schmalbienen (Lasioglossum) zahlenmäßig zu den häufigsten Bienen der Welt, sieht man von der Honigbiene ab. Aus Deutschland sind bisher 18 Arten bekannt.
Größe: 6–15 mm. Die meisten Arten sind braun bis schwarz, manche auch metallisch grün. Wie bei Lasioglossum haben die Halictus-Weibchen auf ihrem letzten Hinterleibstergit einen kahlen Mittelstreifen (»Furche«, daher der deutsche Gattungsname!), unterscheiden sich aber von den Lasioglossum-Weibchen hauptsächlich durch die dichten Haarbinden auf den Hinterleibstergiten und durch das nicht reduzierte Flügelgeäder. Männchen durch langgestreckten und schmalen Körper, vergleichsweise lange Fühler sowie vielfach hell gefleckten Kopfschild kenntlich. Die Mundteile sind meistens kurz und wenig differenziert. Im Feld lassen sich nur einige größere Arten bestimmen: Halictus leucaheneus (Weibchen), H. quadricinctus (Weibchen, Männchen), H. scabiosae (Weibchen, Männchen), H. sexcinctus (Weibchen, Männchen), H. subauratus (Weibchen).
Halictus quadricinctus, Weibchen
Halictus leucaheneus, Weibchen
Halictus quadricinctus, Männchen
Halictus leucaheneus, Männchen
Halictus pollinosus, Weibchen
Halictus maculatus, Weibchen
Halictus pollinosus, Männchen
Halictus maculatus, Männchen
Halictus tumulorum, Männchen frontal
Halictus rubicundus,, Männchen frontal
Halictus quadricinctus, Männchen frontal
Halictus, Lasioglossum und andere nahverwandte Gruppen werden bei Michener (2007) in der Familie Halictidae zusammengefasst, die im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch auch »Schweißbienen« (sweat bees) genannt werden, weil sie in heißen Klimaten gern den Schweiß von der Haut des Menschen lecken. In dieser Familie wurden über 3500 Arten aus allen Kontinenten beschrieben (Danforth et al. 2008).
Ein Blick in die Fachliteratur zeigt, daß frühere Bienenforscher wie Alfken, Friese und Schmiedeknecht offensichtlich nie einen Grund sahen, die morphologisch sehr homogene Großgattung Halictus, die sich von anderen Gattungen der Halictidae gut abhebt und eine natürliche Gruppe bildet, aufzuspalten. In Mitteleuropa haben sich zunächst Blüthgen (1961) und später Ebmer (1969–1971) der von Michener (1944, 1951) vollzogenen Abspaltung der Gattung Lasioglossum von der Großgattung Halictus angeschlossen. Nicht zuletzt die getrennte Behandlung in neuen Bestimmungsschlüsseln durch Ebmer hat dazu geführt, daß die Auffassung zweier getrennter Gattungen im deutschsprachigen Raum mehrheitlich übernommen wurde, auch durch mich bereits in meiner Dissertation im Jahr 1979. Allerdings trennt später Pesenko (2004) eine Gattung Seladonia Robertson 1918 von Halictus ab, während Michener (2007) bei seiner Auffassung bleibt. Phylogenetische Analysen (Danforth et al. 1999, 2008) bestätigen die Monophylie zweier Abstammungslinien. (Nach Danforth 2002 ist Thrincohalictus + Halictus die Schwestergruppe von Lasioglossum.) Auch wenn die Phylogenie gut begründet zu sein scheint, so bereiten die Vertreter der beiden Gattungen taxonomisch Unerfahrenen Probleme bei der Unterscheidung und Bestimmung, nicht nur im Feld. Deshalb gab es immer wieder (auch durch mich) Überlegungen (Amiet et al. 2001), zwischen Halictus und Lasioglossum keine Gattungsgrenze zu ziehen und wieder zu einer Großgattung Halictus im Sinne früherer Autoren zurückzukehren, was Amiet & Krebs (2019) in einem Naturführer zu den Bienen Mitteleuropas verwirklicht haben. Immerhin betont Michener (2007: 355) bei der Erörterung seiner Vorstellungen über die Halictini: »It is clear that a worldwide generic study is needed before a stable, rational classification can be devised.« Im Falle einer »Wiedervereinigung« der beiden Gattungen würden sich die sogenannten Epitheta (zweiter Teil des wissenschaftlichen Namens einer Art) allerdings von sächlich zu männlich ändern, da Lasioglossum sächlich und Halictus männlich ist (z. B. würde pauxillum zu pauxillus und laeve zu laevis). Da nicht zuletzt alle jüngeren Bestimmungsschlüssel und unzählige Faunenlisten die beiden Gattungen trennen und letztere auch weltweit unterschieden werden, behalte ich aus pragmatischen Gründen den bestehenden Gebrauch bei.
Vor Jahrzehnten war die Bestimmung der deutschen Arten nur über die Halictus-Tabelle von Blüthgen in Schmiedeknecht (1930) möglich. Als Ebmer (1969–1971, 1974) sein Werk »Die Bienen des Genus Halictus Latr. s. l. im Großraum von Linz« veröffentlichte, erleichterte es auch mir viele Jahre trotz mancher Schwierigkeiten die Bestimmung ebenso wie die Jahre später erschienenen Publikationen mit Schlüsseln (Ebmer 1987, 1988). Das Bestimmungswerk der Bienen der Schweiz von Amiet et al. (2001) mit einem neuen dichotomen Ansatz und vielen Zeichnungen bereicherte die Bestimmungsmöglichkeit für Halictus und Lasioglossum, erlaubte neue Wege der Bestimmung und führte zu einer größeren Sicherheit bei der Bestimmung.
Um die Bestimmung der Männchen zu erleichtern, sollte man bei der Präparation den Genitalapparat herausziehen.
Halictus-Arten trifft man vom zeitigen Frühjahr bis zum Herbst in den verschiedensten Lebensräumen an: Sand-, Kies- und Lehmgruben, Waldränder, Binnendünen, magere und trockene Wiesen, Ruderalfluren und Brachen. Lediglich dichte Wälder werden von ihnen gemieden. Im Siedlungsbereich ist vor allem Halictus tumulorum häufig.
Die heimischen Halictus-Arten legen ihre Nester im Boden an und zwar meist in ebenen Flächen. H. sexcinctus und H. scabiosae nisten auch in steileren Böschungen und in Steilwänden, H. quadricinctus regelmäßig, aber nicht ausschließlich, in Steilwänden. Auch H. maculatus legt seine Nester bisweilen in Lößwänden an. Die Bodenverhältnisse sind für die Nestanlage von großer Bedeutung. Vegetationsloser, sandig-lehmiger Boden wird von vielen Arten bevorzugt. Solche Bedingungen finden sich oft auf Fußwegen und unbefestigten Plätzen. H. scabiosae favorisiert solche Flächen besonders deutlich. Manchmal werden die Nester auch in kurzrasiger Vegetation anlegt, wie ich dies bei H. rubicundus und H. maculatus beobachtet habe. Eine Bindung an Sandboden hat, zumindest in Mitteleuropa, H. leucaheneus, während H. confusus neben Sand auch Löß als Nistsubtrat akzeptiert.
Die mitteleuropäischen Arten sind – soweit bekannt – bis auf die solitären H. quadricinctus und H. sexcinctus (nur in Mitteleuropa solitär) alle sozial. Unter den sozialen Arten hat jedoch keine das soziale Niveau von Lasioglossum malachurum erreicht. Kommunale Arten gibt es unter ihnen offensichtlich nicht.
Für weitere Details zur Nestarchitektur und zum Sozialverhalten siehe Westrich (2019).
Alle Arten der Gattung Halictus sind ausgesprochen polylektisch. Berücksichtigt man das gesamte Artenspektrum, so sind Vertreter der folgenden 23 Pflanzenfamilien bislang als Pollenquellen bekannt: Apiaceae,
Asteraceae,
Boraginaceae,
Brassicaceae,
Campanulaceae,
Caprifoliaceae,
Cistaceae,
Convolvulaceae,
Cornaceae,
Ericaceae,
Fabaceae,
Geraniaceae,
Hypericaceae,
Lamiaceae,
Lythraceae,
Oleaceae,
Papaveraceae,
Plantaginaceae,
Ranunculaceae,
Resedaceae,
Rosaceae,
Salicaceae,
Tamaricaceae.
Einige Arten (z. B. H. scabiosae) zeigen eine deutliche Präferenz von Asteraceae (Korbblütler).
Der Pollen wir in einer Haarbürste an Hinterschiene und Ferse sowie in Körbchen auf der Unterseite des HInterschenkels gespeichert. Zusätzlich fungieren die Seiten des Mittelsegments und die oft stark behaarte Unterseite des Hinterleibs als Speicher- und Transportorgane. Auf der Suche nach paarungsbereiten Weibchen patrouillieren die Männchen an Nistplätzen und an Blüten. Sie schlafen einzeln oder zu mehreren in Erdhöhlen, in verlassenen Nestern oder an Pflanzenteilen.
Die häufigsten Kuckucksbienen von Halictus sind verschiedene Sphecodes-Arten (Buckelbienen), die regelmäßig an deren Nestern beobachtet werden können.
Flugzeit von März bis Oktober. Der spezielle Lebenszyklus ist der Grund dafür, daß wir die einzelnen Arten während fast das gesamte Sommerhalbjahr als Imagines beobachten können. Nach der Überwinterung beginnen die Weibchen im Frühling mit dem Brutgeschäft. Bereits im gleichen Jahr schlüpfen im Sommer oder Spätsommer geschlechtsreife Weibchen und Männchen. Sie paaren sich. Noch vor Einbruch des Winters sterben die Männchen. Die begatteten Weibchen hingegen überwintern in Erdspalten oder verlassenen Nestern. Nur eine Generation im Jahr.
Amiet, F., Herrmann, M., Müller, A. & Neumeyer, R. (2001): Apidae 3. Halictus, Lasioglossum. - Fauna Helvetica 6, 208 S.
Amiet, F. & Krebs, A. (2019): Bienen Mitteleuropas – Gattungen, Lebensweise, Beobachtung - 3. Auflage; 423 S.; Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien.
Blüthgen, P. (1930): Halictus Latr. – S. 729ff in: Schmiedeknecht, O. (Hrsg.), Die Hymenopteren Nord- und Mitteleuropas. 2. Aufl., Jena (G. Fischer).
Blüthgen, P. (1961): Neues oder Wissenswertes über mitteleuropäische Aculeaten und Goldwespen IV. – NachrBl. bayer. Ent. 10: 29–31, 35–39, 67–70.
Danforth, B., Sauquet, H. & Packer, L. (1999): Phylogeny of the Bee Genus Halictus (Hymenoptera: Halictidae) Based on Parsimony and Likelihood Analyses of Nuclear EFa Sequence Data. – Molecular Phylogenetics and Evolution 13: 605–618.
Danforth, B. N., Eardley, C., Packer, L., Walker, K., Pauly, A. & Randrianambinintsoa, F.J. (2008): Phylogeny of Halictidae with an emphasis on endemic African Halictinae. – Apidologie 39: 86–101.
Ebmer, A.W. (1969–1971): Die Bienen des
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1970: 19–82, 1971: 63–156.
Ebmer, A.W. (1974): Die Bienen des Genus
Halictus Latr. s.l. im Großraum von Linz
(Hymenoptera, Apidae). Nachtrag und
zweiter Anhang. – Naturkundl. Jb. Stadt
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Ebmer, A.W. (1976): Liste der mitteleuropäischen Halictus- und Lasioglossum-Arten.
– Linzer biol. Beitr. 8: 395–405.
Ebmer, A.W. (1988a): Kritische Liste der
nicht-parasitischen Halictidae Österreichs
mit Berücksichtigung aller mitteleuropäischen Arten (Insecta: Hymenoptera: Apoidea: Halictidae). – Linzer biol. Beitr. 20:
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Ebmer, A.W. (1988b): Die europäischen Arten der Gattungen Halictus Latreille 1804
und Lasioglossum Curtis 1833 mit illustrierten Bestimmungstabellen (Insecta:
Hymenoptera: Apoidea: Halictidae: Halictinae). 2. Die Untergattung Seladonia Robertson 1928. – Senckenbergiana biol. 68:
323–375.
Michener, C. D. (1944): Comparative external morphology, phylogeny and a classification of the bees (Hymenoptera). – Bull. Amer. Mus. nat. Hist. 82: 151–326.
Michener, C. D. (1951): Superfamily Apoidea, S. 1043–1255 in: Muesebeck, C.F.W.& Krombein, K.V. (Hrsg.): Hymenoptera of America North of Mexico – Synoptic Catalog. Washington U.S. Dept. of Agriculture Monograph Nr. 2.
Michener, C. D. (2007): The Bees of the World. 2. Aufl. Baltimore and London (The John Hopkins University Press). (1. Auflage 2000).
Pauly, A. (2019): Abeilles de Belgique et des région limitrophes (Insecta: Hymenoptera: Apoidea). Famille Halictidae. - 516 S., Institut royal des Sciences naturelles de Belgique (www.naturalsciences.be). [in französisch]
Pesenko, Y. A. (2004): The phylogeny and classification of the tribe Halictini, with special reference to the Halictus genus-group (Hymenoptera: Halictidae). – Zoosyst. Rossica 13: 83–113.
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands.– 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Ein blauer Link verweist auf einen Steckbrief.
Halictus confusus
Halictus eurygnathus
Halictus gavarnicus
Halictus langobardicus
Halictus leucaheneus
Halictus maculatus
Halictus pollinosus
Halictus quadricinctus
Halictus rubicundus
Halictus sajoi
Halictus scabiosae
Halictus semitectus
Halictus sexcinctus
Halictus simplex
Halictus subauratus
Halictus submediterraneus
Halictus tetrazonius
Halictus tumulorum