Die Gattung Chelostoma ist in der Holarktis weit und mit vielen Arten verbreitet, aber in China und Japan unbekannt (Michener 2007). In Deutschland ist die Gattung mit 5 Arten vertreten (Österreich: 10, Schweiz: 7).
6–10 mm. Die mächtigen, scherenartigen Mandibeln der Weibchen, bei C. florisomne besonders ausgeprägt, haben der Gattung ihren deutschen und wissenschaftlichen Namen verliehen. In ihrem schwarzen und nur greis behaarten Habitus sind sich die einzelnen Arten sehr ähnlich. Alle fallen durch ihren lang gestreckten Körper auf. Bei den Männchen sind die Bauchseite und die Spitze des Hinterleibs durch Wülste oder Zacken ausgezeichnet, wodurch sie sich gut unterscheiden lassen. Im Feld lassen sich einige Arten ebenfalls gut ansprechen, berücksichtigt man neben Habitus und Nistweise den charakteristischen Blütenbesuch. Die Größe schwankt innerhalb der Gattung, denn es gibt sehr kleine Arten wie C. campanularum und C. distinctum und größere wie C. rapunculi.
Chelostoma florisomne, Weibchen.
Chelostoma campanularum, Weibchen.
Chelostoma florisomne, Männchen.
Chelostoma rapunculi, Männchen.
Waldränder, Waldlichtungen, Streuobstwiesen, mehrere Arten regelmäßig auch im Siedlungsbereich (synanthrope Art). Als Nistplätze dienen verschiedenste Totholzstrukturen, z. B. abgestorbene Äste, anbrüchige Bäume, »wurmstichige« Balken und Bretter von Holzschuppen und Scheunen, alte Zaunpfähle, Schilfmatten oder reetgedeckte Dächer.
Die Scherenbienen leben solitär und nisten ausschließlich oberirdisch in vorhandenen, röhrenförmigen Hohlräumen. Ihre natürlichen Nistplätze sind Käferfraßgänge in altem Holz, weswegen man sie vor allem an alten Bäumen und Pfosten sowie an alten Heustadeln und Holzschuppen findet. C. florisomne wurde früher oft zu Hunderten in den Halmen von Reetdächern nistend gefunden; die Art nutzt aber auch Strohmatten. C. florisomne, C. rapunculi sind ebenso wie C. campanularum und C. distinctum regelmäßig im Siedlungsbereich zu finden. Zumindest die beiden erstgenannten Arten lassen sich leicht im Hausgarten oder auf dem Balkon in Nisthilfen ansiedeln. Am besten untersucht ist der Nestbau von C. florisomne (siehe den Steckbrief und die detaillierte Beschreibung in Westrich 2019: 186). C. rapunculi zeigt einen annäherend gleichen Nestbau. Hauptunterschiede liegen in der Flugzeit und der Wahl der Pollenquellen.
Ein Weibchen von Chelostoma rapunculi beim Verschließen seines in einem Schilfhalm angelegten Nestes.
Alle heimischen Scherenbienen sind oligolektisch, aber unterschiedlich spezialisiert: C. florisomne bevorzugt Hahnenfuß (Ranunculus); Glockenblumen (Campanula) und verwandte Glockenblumengewächse sind die Pollenquellen von C. campanularum, C. distinctum, C. foveolatum und C. rapunculi. Die Männchen patrouillieren an ihren artspezifischen Nahrungspflanzen, in deren Blüten beide Geschlechter auch schlafend angetroffen werden.
Ein Weibchen von Chelostoma florisomne sammelt Pollen in einer Hahnenfuß-Blüte (Ranunculus).
Ein Weibchen von Chelostoma rapunculi bei der Pollenernte an Campanula poscharskyana.
Als Kuckucksbienen von Chelostoma ist mehrfach die Düsterbiene Stelis minima bekannt geworden, die bei C. campanularum schmarotzt. Kornmilch (1993) fand die Kokons von Stelis minuta in Nestern von C. rapunculi. – Ein bei C. florisomne regelmäßig auftretender Futterparasit ist die Keulenwespe Sapyga clavicornis. Im Hochsommer oder Herbst kann man Schlupfwespen der Gattung Ephialtes bei ihrer Eiablage in die bereits Puppen enthaltenden Nester beobachten.
Die Flugzeit der Chelostoma-Arten fällt in die Monate Mai bis August. C. florisomne erscheint bereits im späten Frühling, meist zusammen mit Osmia bicornis, während sich C. rapunculi erst im Sommer einstellt und bis Ende August fliegt. Alle Arten haben nur eine Generation im Jahr und sind proterandrisch, die Männchen erscheinen 3–7 Tage vor den Weibchen. Die Überwinterung erfolgt als Ruhelarve, bei C. florisomne meist als unausgefärbte (helle), teils als ausgefärbte (schwarze) Puppe.
Zur Systematik verweise ich auf die Ausführungen bei der Gattung Osmia und auf Schwarz & Gusenleitner (1999). Gattung und Arten lassen sich mit den Schlüsseln von Amiet et al. (2004) und Scheuchl (2006) gut bestimmen.
Amiet, F., Herrmann, M., Müller, A. & Neumeyer R. (2004): Apidae 4. Anthidium, Chelostoma, Coelioxys, Dioxys, Heriades, Lithurgus, Megachile, Osmia, Stelis. - Fauna Helvetica 9, 273 S.
Kornmilch, J.-C. (1993): Stelis minuta bei Chelostoma fuliginosum. – bembiX 4: 18–19.
Michener, C. D. (2007): The Bees of the World. 2. Aufl. Baltimore and London (The John Hopkins University Press) (1. Auflage 2000).
Scheuchl, E. (2006): Illustrierte Bestimmungstabellen der Wildbienen Deutschlands und Österreichs. Band II: Megachilidae - Melittidae. 192 S. (Eigenverlag). - Neubearbeitung.
Schwarz, M. & Gusenleitner, F. (1999): Weitere Angaben zur Bienenfauna Österreichs. Vorstudie zu einer Gesamtbearbeitung der Bienen Österreichs II (Hymenoptera, Apidae). – Entomofauna 20: 185–256; Ansfelden.
Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands.– 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer).
Ein blauer Link verweist auf einen Steckbrief.
Chelostoma campanularum
Chelostoma distinctum
Chelostoma florisomne
Chelostoma foveolatum
Chelostoma rapunculi