Die Gattung Ceratina ist mit zahlreichen Arten auf allen Kontinenten vertreten, in Australien allerdings nur mit einer Art (Michener 1979). In Deutschland kommen 3 Arten vor. Die häufigste und in Mitteleuropa weit verbreitete Keulhornbienenart ist Ceratina cyanea.
Keulhornbienen lassen sich leicht an dem kahlen, meist etwas plattgedrückten, in der Regel metallisch, selten schwarz gefärbten Körper und den kurzen, keulenförmigen Fühlern (Name!) erkennen. Sie sind nur sehr spärlich behaart und sehr grob und zerstreut punktiert. Kopfschild (Clypeus), Schulterbeulen und Schienenbasis sind in der Regel weiß gezeichnet. Das Abdomen zeigt deutliche Einschnürungen an den einzelnen Segmenten. Mit etwas Übung lassen sich die drei heimischen, nur 6-9 mm großen Arten auch im Feld bestimmen, C. cucurbitina vor allem anhand der glänzend schwarzen Färbung und C. chalybea durch ihre Größe. Der Stachel von Ceratina ist nur schwach ausgebildet und wird nie gebraucht. Nimmt man Tiere in die Hand, geben sie ein gelbliches Sekret ab, das stark nach Zitronen riecht. Alle drei Arten können im Sommerhalbjahr als Imagines angetroffen werden.
Ceratina chalybea, Weibchen
Ceratina cucurbitina, Weibchen
Ceratina chalybea, Weibchen, Frontalansicht
Ceratina cyanea, Männchen, Frontalansicht
Eine illustrierte Bestimmungstabelle, die auch die heimischen Arten einschließt, enthält die (englische) Arbeit von Daly (1983), der alle Arten der iberischen Halbinsel und Nordafrikas bearbeitet (revidiert) hat. Neubeschreibungen durch Terzo & Rasmont (1997) machen eine Ergänzung des Schlüssel von Daly notwendig. Eine Revision der Gattung Ceratina mit für die Bestimmung hilfreichen Abbildungen legen Terzo et al. (2007) vor. Die Bestimmung speziell der mitteleuropäischen Arten ermöglichen die Schlüssel von Amiet et al. (2007) und Scheuchl (2000).
Wegen ihrer speziellen Nistweise kommen Ceratina-Arten nur dort vor, wo die Requisiten für das Nest in ausreichender Menge vorhanden sind: Waldränder, Waldlichtungen, mit Brombeeren durchsetzte Hecken, ältere Brachen und Ruderalstellen, letztere auch im Siedlungsraum. Während C. cyanea keine hohen klimatischen Ansprüche stellt, haben C. cucurbitina und C. chalybea ihren Verbreitungsschwerpunkt vor allem in klimatisch begünstigten Gebieten, z. B. im Weinbauklima.
Auf dieser älteren Großböschung in der Reblandschaft des Kaiserstuhls kommen alle drei Ceratina-Arten vor. Brombeerhecken mit dürren Ranken sowie dürre Stengel von Königskerzen, Disteln und Beifuß sorgen für die nötigen Nistgelegenheiten nicht nur für Ceratina, sondern auch für Osmia tridentata und Osmia leucomelana.
Die Lebensweise der heimischen, durchweg solitären Keulhornbienen unterscheidet sich in mancher Hinsicht von der anderer solitärer Bienen, hat aber in einigen Punkten große Ähnlichkeit mit der bestimmter Holzbienen (Xylocopa). Im August und September schlüpfen aus Brutzellen, die von Mai bis Juli angelegt wurden, Männchen und Weibchen und verlassen ihre Geburtsnester, paaren sich aber nicht. Ebensowenig beginnen die Weibchen mit dem Brutgeschäft. Vielmehr verköstigen sich beide Geschlechter eine Zeitlang auf Blüten und beziehen vor Eintritt der kalten Jahreszeit hohle Brombeer- und andere markhaltige Stengel und Zweige (Holunder, Heckenrosen, abgebrochene Königskerzen) als Winterquartier. Bis zu 30 Männchen und Weibchen kann man in halberstarrtem Zustand kopfabwärts sitzend während des Winters finden, den manche von ihnen bei sehr tiefen Temperaturen auch nicht überleben. Meistens gehören sie nur einer Art an, bisweilen überwintern Tiere mehrerer Arten gemeinsam in den Stengeln und Zweigen. Die Höhlungen können nur Weibchen oder nur Männchen enthalten, aber auch beide Geschlechter gleichzeitig. Gelegentlich finden sich auch einzelne Überwinterer. Der Stengel bleibt offen.
Im darauffolgenden Mai oder Juni verlassen die Tiere ihr Winterlager. Dabei erscheinen C. cyanea und C. chalybea zuerst, je nach Witterung manchmal sogar schon Ende April, während C. cucurbitina oft noch Ende Mai im Winterlager anzutreffen ist. Nach dem Verlassen des Stengels paaren sich die Geschlechter. Die Weibchen wählen zum Nestbau ausschließlich markhaltige Stengel oder Zweige, deren Ende abgebrochen oder abgeschnitten ist. Das Mark muß für die Biene also zugänglich sein. Vertikal oder nur schwach geneigte Stengel werden dabei bevorzugt. Das Weibchen fängt von oben her an das Mark auszunagen und nach draußen zu schaffen. Erst wenn eine genügend lange Niströhre (oft 25–30 cm, selten bis 84 cm lang) ausgenagt ist, wird mit dem Verproviantieren der ersten Brutzelle in der Tiefe des Stengels begonnen.
In der Brutzelle, die nicht mit Sekreten ausgekleidet ist, wird der Pollen mit dem vermutlich eingedickten Nektar vermischt und beides zu einem länglichen Futterballen geformt, der fast die gesamte Brutzelle ausfüllt. Der Proviant hat nur an einer Stelle Kontakt mit der Zellwandung. Das verhältnismäßig große Ei (bei C. cucurbitina 3 mm lang und 1 mm dick, bei C. chalybea 4,5 mm lang und 1,5 mm dick) wird unter dem Futterballen abgelegt. Der flache Hinterleib der Ceratina ermöglicht den Weibchen, sich durch den engen Spalt zwischen Zellwandung und Futterbrei zu zwängen und das Ei auf diese Weise abzulegen. Nach 14 Tagen haben die Larven das Futter etwa zur Hälfte aufgezehrt und beginnen zu koten. Sie spinnen keinen Kokon, liegen für einige Tage als Vorpuppe in der Zelle und verpuppen sich dann. Insgesamt verläuft die Entwicklung vom Ei bis zur Imago je nach Witterung in einem Zeitraum von 6–8 Wochen. Wenn aus den zuerst angelegten Zellen die Imagines schlüpfen, müssen sie sich nach oben in Richtung Nesteingang vorarbeiten, wobei sie sich in der Regel an ihren jüngeren Nestgeschwistern vorbeizwängen müssen, die sich noch im Larven- oder Puppenstadium befinden. Sie treffen dann oft auf ihre Mutter, die noch am Leben ist und sich gewöhnlich im oberen Teil des Stengels aufhält. Die Weibchen verbringen während der Zeit der Brutversorgung die Nächte und Schlechtwetterperioden ruhend im Eingang ihrer Nester. Da unsere Ceratina-Arten alle solitär leben, enthält ein Stengel normalerweise nur ein Nest, das von einem einzigen Weibchen gebaut wird.
Keulhornbienen sind beim Pollensammeln wenig wählerisch, doch zeigen sie eine gewisse Vorliebe für Natterkopf (Echium), Flockenblumen (Centaurea) und Sandrapunzel (Jasione). Bei Mangel an Pollenquellen werden auch Pflanzen genutzt, die sonst kaum als Pollenquelle dienen wie die Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum), mit deren Pollen mehrere von mir gefunde Nester von C. chalybea versorgt waren (Westrich 1989). Der Pollen wird teilweise verschluckt, aber auch in der kaum auffallenden Scopa gespeichert und transportiert.
Die Pollenquellen verteilen sich auf die folgenden 16 Pflanzenfamilien: Asparagaceae, Asteraceae, Boraginaceae, Brassicaceae, Campanulaceae, Caryophyllaceae, Cistaceae, Convolvulaceae, Crassulaceae, Fabaceae, Lamiaceae, Plantaginaceae, Resedaceae, Rosaceae, Rubiaceae, Verbenaceae.
Ein Weibchen von Ceratina chalybea erntet mit den Mandibeln den Pollen von den Staubbeuteln einer Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa).
Ceratina cyanea: ein Weibchen bei der Pollenernte an Scharfem Mauerpfeffer (Sedum acre).
Nach einer Angabe von Friese (1896) und einer Beobachtung von Grozdanić (1968) soll die Düsterbiene Stelis ornatula bei Ceratina schmarotzen. Dies halte ich wegen der deutlich unterschiedlichen Entwicklung der Larven und Imagines für fraglich.
Alle Arten sind univoltin, haben also nur eine Generation im Jahr. Zur Phänologie siehe auch die Angaben unter dem Stichpunkt »Nistweise«.
Amiet, F., M. Herrmann, A. Müller & R. Neumeyer (2007): Apidae 5. Ammobates, Ammobatoides, Anthophora, Biastes, Ceratina, Dasypoda, Epeoloides, Epeolus, Eucera, Macropis, Melecta, Melitta, Nomada, Pasites, Tetralonia, Thyreus, Xylocopa. - Fauna Helvetica 20, 356 S.
Daly, H. V. (1983): Taxonomy and ecology of Ceratinini of North Africa and the Iberian Peninsula (Hymenoptera: Apoidea). – Syst. Ent. 8: 29–62.
Scheuchl, E. (2000): Illustrierte Bestimmungstabellen der Wildbienen Deutschlands und Österreichs. Band I: Anthophoridae. - 2. erweiterte Auflage, 158 S. (Eigenverlag).
Terzo, M., Iserbyt, S. & Rasmont, P. (2007): Révision des Xylocopinae (Hymenoptera: Apidae) de France et de Belgique. – Ann. Soc. ent. France (n.s.) 43: 445–491.
Terzo, M. & Rasmont, P. (1997): Ceratina zwakhalsi et C. verhoeffi, deux nouvelles espèces de la région ouest-paléarctique (Hymenoptera, Apoidea, Xylocopiniae). – Tiijschrift voor Entomologie 140: 221–236.
Westrich, P. (1989): Die Wildbienen Baden-Württembergs. 2 Bände, 972 S., 496 Farbfotos; Stuttgart (E. Ulmer). [1990 2., verb. Auflage].
Ein blauer Link verweist auf einen Steckbrief.
Ceratina chalybea
Ceratina cucurbitina
Ceratina cyanea