Erstmals 1984 habe ich den damaligen Kenntnisstand der Bienenfauna Deutschlands aufgearbeitet, doch beschränkte sich mein »Kritisches Verzeichnis« (Westrich 1984) auf die Bundesrepublik Deutschland in den damaligen Grenzen. Auch meine 1989 erschienenen »Wildbienen Baden-Württembergs« gehen ebenso wie deren 2. Auflage (1990) nicht darüber hinaus, zumal diese Bearbeitungen u. a. der 1980 in Kraft getretenen Bundesartenschutzverordnung Rechnung tragen sollten, durch die alle wildlebenden Bienenarten unter den besonderen Schutz des Gesetzgebers gestellt wurden. Nach der deutschen Einigung gilt dieser rechtliche Rahmen ebenso in den neuen östlichen Bundesländern. Vor allem durch die Einbeziehung Brandenburgs und der Lausitz kamen weitere Faunenelemente des Nordens und Ostens hinzu, und auch der Kyffhäuser sowie sachsen-anhaltinische Bienenparadiese fanden seit jeher das besondere Interesse der Apidologen.
Es war mir ein großes Anliegen, die durch die politischen Veränderungen in Deutschland notwendig gewordene Aktualisierung der deutschen Bienenfauna mit einem Vertreter der neuen Bundesländer zu erarbeiten. In H. H. Dathe fand ich den geeigneten Partner, mit dem ich das Manuskript unseres Verzeichnisses der Bienenarten Deutschlands erstellt habe und das Ende Januar 1997 erschienen ist.
Westrich, P. & H. H. Dathe (1997): Die Bienenarten Deutschlands (Hymenoptera, Apidae). Ein aktualisiertes Verzeichnis mit kritischen Anmerkungen. – Mitt. Ent. Ver. Stuttgart, 32: 3–34. – Diese Publikation herunterladen (pdf 161 KB)
Bereits 1998 folgten erste Berichtigungen und Ergänzungen:
Westrich, P. & H. H. Dathe (1998): Die Bienenarten Deutschlands (Hymenoptera, Apidae). Berichtigungen und Ergänzungen. – Entomol. Z., 108: 154–156; Frankfurt a. M. – Diese Publikation herunterladen (pdf 471 KB)
In der Folge wurden vor allem im Zusammenhang mit der Bearbeitung Roter Listen Artenverzeichnisse erstellt.
Die Artenliste der folgenden Seite (569 Arten) entspricht in weiten Teilen der, welche bei Westrich et al. (2012) zusammen mit der Roten Liste der Bienen Deutschlands veröffentlicht wurde. Kommentare zu solchen Taxa, die in der nachfolgenden Liste erwartet werden, aber fehlen, sind gegebenenfalls dort zu finden. Die Reihenfolge der Gattungen und der Arten innerhalb der Gattungen erfolgt alphabetisch. Auf eine tabellarische Differenzierung nach einzelnen Bundesländern wird verzichtet, da dies an folgender Stelle bereits realisiert wurde:
Dathe, H. H. (2001): Apidae. S. 143-156 in: Dathe, H. H., Taeger, A. & Blank S. M. (Hrsg.), Verzeichnis der Hautflügler Deutschlands. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 7. (Entomofauna Germanica 4).
Trotz unterschiedlicher Auffassungen über den Artstatus wurde die in der Roten Liste nicht gelistete Andrena anthrisci hier aufgenommen. Nicht enthalten in der Liste ist jedoch Lasioglossum sabulosum (Warncke 1986), ein Taxon, das von Herrmann & Doczkal (1999, Ent. Nachr. Ber. 43:33–40) als Schwesterart von Lasioglossum sexstrigatum betrachtet wird. Der Artstatus läßt sich jedoch aufgrund mehrerer sich kreuzender Merkmale in der transpaläarktischen Formengruppe nicht aufrechterhalten (A. W. Ebmer mündl. Mitt. 2005). Ob Nomada stoeckherti Pittioni 1951, von der Esser (2008) ein Männchen gemeldet hat, in Deutschland bodenständig ist, bleibt zu klären.
Esser, J. (2008): Erstnachweis der Wespenbiene Nomada stoeckherti Pittioni, 1951 (Hymenoptera: Apidae) in Deutschland. – bembix 26: 11.
Die von Reder (2000) in einem Weibchen nachgewiesene Osmia latreillei Spinola 1806 wird bis zur Klärung einer Bodenständigkeit vorerst nicht in die Liste aufgenommen.
Reder, G. (2000b): Zugewandert oder eingeschleppt? Nachweis von Osmia latreillei Spinola, 1806 in Deutschland (Hymenoptera: Megachilidae). – bembix 13: 13–15.
Über Andrena pontica und Andrena susterai, zwei für die Fauna Deutschlands neue und in der Liste von Dathe (2001) bzw. Westrich et al (2012) noch nicht enthaltene Arten, wurde in den beiden folgenden Publikationen berichtet.
Scheuchl, E. (2011): Andrena pontica Warncke, 1972, und Andrena susterai Alfken, 1914, neu für Deutschland, Nomada bispinosa Mocsáry, 1883, und Andrena saxonica Stöckhert, 1935, neu für Bayern, sowie weitere faunistische Neuigkeiten (Hymenoptera: Apidae). – Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 11: 31–38.
Scheuchl, E. (2014): Lithurgus chrysurus Fonscolombe, 1834 neu für Bayern und weitere faunistische Neuigkeiten (Insecta: Hymenoptera: Apidae). – Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 14: 93–101.
Zur Synonymie von Osmia hyperborea und Osmia laticeps siehe
Nilsson, L.A. (2009): The type material of Swedish bees (Hymenoptera, Apoidea) III. – Entomol. Tidskr. 130 (1): 43–59.
2013 behandelt Schwenninger die Artengruppe der Andrena nitidiuscula und legt für die Taxa Andrena nitidiuscula Schenck 1853 und Andrena fulvicornis Schenck 1853 Lectotypen fest. Zu dieser Artengruppe gehört auch Andrena curvana Warncke 1965, für die Schwenninger erstmals eine ganze Reihe von Nachweisen aus Deutschland (Raum Stuttgart, Neckarbecken) auflistet und die ich daher in die Liste der Bienen Deutschlands aufnehme. Was Andrena fulvicornis betrifft, so habe ich nach wie vor wie Gusenleitner & Schwarz (2002), die dieses Taxon als Synonym von Andrena nitidiuscula aufführen, Zweifel an der Existenz zweier distinkter Arten, nehme sie allerdings (wie Gusenleitner et al. 2012 für Österreich) in die Liste auf, um die weitere Diskussion der taxonomischen Bewertung nicht zu behindern.
Schwenninger, H.R. (2013): Festlegung von Typen für Andrena nitidiuscula Schenck 1853 und Andrena fulvicornis 1861 sowie Erstnachweis von Andrena curvana Warncke 1965 für Deutschland (Hymenoptera, Andrenidae, Andrena, Subgenus Notandrena). – Linzer biol. Beitr. 45: 1945–1962.
Gusenleitner, F. & Schwarz, M. (2002): Weltweite Checkliste der Bienengattung Andrena mit Bemerkungen und Ergänzungen zu paläarktischen Arten (Hymenoptera, Apidae, Andreninae, Andrena). – Entomofauna Supp. 12, 1280 S.
Gusenleitner, F., Schwarz, M. & Mazzucco, K. (2012): Apidae (Insecta: Hymenoptera). S. 9–129 in: Checklisten der Fauna Österreichs, No. 6; Wien (Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften).
Im September 2015 kam eine adventive, ursprünglich ostasiatische Bienenart hinzu, für die bereits Brutnachweise vorliegen: Megachile sculpturalis Smith 1853.
Den Publikationen von Dathe et al. (2016) und Straka & Bogusch (2011) folgend habe ich Hylaeus incongruus Förster 1871 in die Liste aufgenommen. Außerdem wurden die nomenklatorischen Änderungen von Hylaeus annularis (Kirby 1802) (Syn. Hylaeus spilotus Förster 1871 nec. H. annularis auct.) und Hylaeus dilatatus (Kirby 1802) (H. annularis auct. nec Kirby 1802) übernommen.
Dathe, H.H., Scheuchl, E. & Ockermüller, E. (2016): Illustrierte Bestimmungstabelle für die Arten der Gattung Hylaeus F. (Maskenbienen) in Deutschland, Österreich und der Schweiz. – Entomologica Austriaca, Suppl. 1, 51 S.
Straka, J. & Bogusch, P. (2011): Contribution to the taxonomy of the Hylaeus gibbus group in Europe (Hymenoptera, Apoidea and Colletidae). – Zootaxa 2932: 51–67.
Megachile leachella Curtis 1828 wurde ersetzt durch Megachile dorsalis Pérez 1879, da M. leachella ein nomen nudum ist (Schwarz & Gusenleitner 2011). Ich hatte bereits 2002 das Curtis-Material aus Melbourne überprüft und bin damals zum gleichen Ergebnis wie später Schwarz und Gusenleitner sowie George Else gekommen.
Schwarz, M. & Gusenleitner, F. (2011): Beitrag zur Kenntnis der Gattung Megachile (Hymenoptera, Apoidea, Megachilinae). - Entomofauna 32 (15): 249–260.
Melitta wankowiczi (Radoszkowski 1891) wurde durch Melitta melanura (Nylander 1852) ersetzt: Nilsson (2007) hatte die Synonymisierung publiziert.
Nilsson, A. (2007): The type material of Swedish bees (Hymenoptera, Apoidea) I. – Entomol. Tidskr. 128 (4): 167–181.
Im September 2016 konnte ich Epeolus fallax Morawitz 1872 erstmals für Deutschland nachweisen. Da es keinen Zweifel an der Bodenständigkeit gibt, wurde auch diese Art in die Liste aufgenommen.
Schon 1988 bezeichnete Ebmer den aus Spanien (Sevilla) beschriebenen Halictus smaragdulus Vachal 1895 als eine der »variabelsten Arten der Westpalärktis ohne geographische Subspezies auszubilden«. Pauly et al. (2015) haben mit der Methode des DNA-Barcodings und anhand morphologischer Merkmale, vor allem der männlichen Genitalien, aus diesem Variantenkomplex fünf neue Arten beschrieben. Möglicherweise bedeutet dies, die in Deutschland bisher unter dem Namen Halictus smaragdulus bekannte Art in Halictus submediterraneus (Pauly 2015) umzubennen. Ich habe die Prüfung dieses Problems noch nicht abgeschlossen und habe deshalb dem Artnamen zunächst ein auct. für auctorum angehängt.
Pauly, A., Devalez, J., Sonet, G., Nagy, Z.T. & Boevé, J.-L. (2015): DNA barcoding and male genital morphology reveal five new cryptic species in the West Palearctic bee Seladonia smaragdula (Vachal, 1895) (Hymenoptera: Apoidea: Halictidae). – Zootaxa 4034 (2): 257-290, DOI: http://dx.doi.org/10.11646/zootaxa.4034.2.2.
Mit der Publikation von Schwenninger & Scheuchl (2015) werde ich mich bei Gelegenheit auseinandersetzen.
Scheuchl, E. & Schwenninger, H.R. (2015): Kritisches Verzeichnis und aktuelle Checkliste der Wildbienen Deutschlands (Hymenoptera, Anthophila) sowie Anmerkungen zur Gefährdung. – Mitt. Ent. Ver. Stuttgart 50 (1), 255 S.
Im April 2016 erbrachte Mare Haider den Erstnachweis von Andrena nigroolivacea in Deutschland. Beschreibung der Fundumstände, Nachweis beider Geschlechter und ein Foto eines Weibchens beim Blütenbesuch auf Löwenzahn (Taraxacum), eine der charakteristischen Pollenquellen der Sandbiene, belegen die Bodenständigkeit der Art in der südlichen Oberrheinebene. Die Art wurde daher in die Liste der Bienen Deutschlands aufgenommen.
Haider, M. (2016): Erstnachweis von Andrena nigroolivacea Dours, 1873 (Hymenoptera: Andrenidae) für Deutschland. – Mitt. ent. Ver. Stuttgart 51 (2): 87–90.
Schmid-Egger & Dubitzky melden Dasypoda morawitzi, eine kürzlich aus der Ukraine, aus Russland und angrenzenden Ländern von Radchenko neu beschriebenen und der Dasypoda hirtipes sehr ähnlichen Art, erstmals für Brandenburg und damit den ersten Nachweis für Deutschland.
Schmid-Egger, C. & Dubitzky, A. (2017):Dasypoda morawitzi (Radschenko, 2016) (sic!) neu für die Fauna von Mitteleuropa (Hymenoptera, Apoidea). – Ampulex 9: 27–31.
Hinsichtlich Nomenklatur und Klassifikation sei auf die Ausführungen bei Westrich & Dathe (1997) und auf diese Seite verwiesen.
Zur Liste der Bienen Deutschlands
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15. März 2017