Als ersten Komplex der verschiedenen Aspekte des Schutzes und der Förderung von Wildbienen finden Sie auf den folgenden Seiten detaillierte Informationen darüber, wie man Wildbienen am Haus, im Garten und in der Schule fördern und durch regelmäßige Beobachtungen viel Neues entdecken kann.
Die einzelnen Methoden wurden von mir alle in in den vergangenen 40 Jahren praktisch erprobt. Sie beruhen auf Erfahrungen, die ich erstmals 1985 in der Broschüre »Wildbienen-Schutz in Dorf und Stadt« nach 8 Jahren des Einsatzes und reicher Erfahrung mit Nisthilfen veröffentlicht habe. Seither setze ich Nisthilfen ein und erforsche ihre Besiedler. Regelmäßig teste ich auch käufliche Objekte auf ihre Eignung. So manches, was auf anderen Internetseiten zu diesem Thema zu finden ist, wurde, sofern es tauglich ist, aus meinen Veröffentlichungen übernommen. Bedauerlicherweise gibt es darüber hinaus aber zu viele untaugliche bis sinnlose Empfehlungen und Objekte, auf die ich auf den folgenden Seiten näher eingehe.
Dieses Wildbienenportal und die nachfolgend empfohlenen Maßnahmen sollen dazu beitragen, für die Wildbienen und damit für die Natur im Kleinen Begeisterung zu wecken. Denn nur was man kennt, kann man, und was man liebt, will man schützen.
Mit den hier beschriebenen Nisthilfen können vom Frühjahr bis zum Herbst viele verschiedene Beobachtungen angestellt werden. Dies gilt für alle Altersstufen. Kindern bietet sich hier eine besonders gute Möglichkeit nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule faszinierende Phänomene aus allernächster Nähe zu beobachten. Gerade die Beschäftigung mit Wildbienen hilft, wie viele Projekttage an Schulen und in Waldkindergärten zumindest hoffen lassen, Kinder und Jugendliche für komplexe Beziehungszusammenhänge zu sensibilisieren und ein Bewußtsein eigener Verantwortlichkeit durch das persönliche Betroffensein zu entwickeln. Voraussetzung hierfür ist natürlich, daß auch die für diese pädagogische Arbeit Verantwortlichen selbst über ausreichendes Wissen verfügen und sich an wissenschaftlich fundierten Daten orientieren und nicht an irgendwelchen Suchmaschinentreffern, hinter denen oft eher eine clevere Geschäftsidee als eine hilfreiche Information steht.
Allerdings dürfen wir eines nicht vergessen: Die besten Nisthilfen und ein noch so blütenreicher Garten ersparen bzw. ersetzen nicht Schutz- und Fördermaßnahmen außerhalb der Gärten im urbanen Raum und in der freien Landschaft.
Warum? Viele Arten der Wildbienen können aufgrund ganz spezieller ökologischer Ansprüche nicht im unmittelbaren Wohnumfeld des Menschen existieren. Arten mit einer Bindung an ganz bestimmte Lebensräume können nur erhalten werden, wenn Trockenrasen, Magerwiesen, Dünen, Sandheiden, Felsfluren und Schilfröhrichte geschützt und sachgerecht gepflegt sowie Pioniergesellschaften geduldet werden.
Die überwiegende Zahl der Bienenarten sind Insekten des offenen Landschaft und nicht des Waldes. Neben natürlichen Gebieten wie Moore und Blockhalden sowie stillgelegten Truppenübungsplätzen und Bergbaufolgelandschaften wird die Offenlandschaft vorwiegend durch landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen wie Äcker und Grünland geprägt. Offengehalten werden die Landschaften in erster Linie dadurch, daß sie vom Menschen zur Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzt werden, wodurch eine ansonsten sich einstellende natürliche Sukzession zum Wald verhindert wird. Leider hat die Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung in den letzten fünf Jahrzehnten derart zugenommen, daß heute auf diesen früher artenreichen Flächen neben anderen tierischen und pflanzlichen Besiedlern auch Wildbienen keine ausreichenden Lebensbedingungen mehr vorfinden und daher sehr deutlich abgenommen haben oder bereits weitgehend ganz fehlen.
Schon meine früheren Untersuchungen und Auswertungen (Westrich 1989) ebenso wie eine 2020 für das Bundesamt für Naturschutz erfolgte Gefährdungsursachenanalyse haben ergeben, daß die intensive Landwirtschaft, oft befördert durch Flurbereinigungsmaßnahmen, mit ihrem immensen Einsatz von Bioziden (v. a. chemische Pflanzen- und Insektenvernichtungsmittel) der Hauptverursacher des Artenrückgangs von Wildbienen ist. Wenn sich daran nichts ändert, werden weitere Bienenarten auf die Rote Liste der gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Arten gesetzt werden müssen und die bereits darin enthaltenen werden weitere Bestandsrückgänge bis zum völligen Erlöschen erfahren. Übrig bleiben solche Arten, die aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit mit den Eingriffen des Menschen in die Natur und seinem Umgang damit zurechtkommen.
Ganz unabhängig von den dringend notwendigen Erfordernissen des Artenschutzes in der Offenlandschaft können wir in unseren eigenen Lebensbereichen eine ganze Reihe von Wildbienenarten gezielt fördern, indem wir ihre Nistmöglichkeiten verbessern. Dies läuft letztlich auf die Nachahmung natürlicher Nistplätze hinaus, umfaßt aber weitaus mehr als die vielfach wenig tauglichen, oft sogar völlig unbrauchbaren sogenannten »Insektenhotels« (siehe Folgeseiten). Viel wichtiger und für die Förderung hochspezialisierter Arten wirksamer ist es jedoch, das Nahrungsangebot durch eine pflanzliche Vielfalt zu bereichern.
In diesem Kapitel sind verschiedenste Möglichkeiten dargestellt. Prüfen Sie, ob eine der Möglichkeiten auch von Ihnen umgesetzt werden kann.
Mit allen Maßnahmen der Förderung von Wildbienen verbessern wir gleichzeitig auch die Lebensbedingungen vieler anderer Insekten. Von unseren Nisthilfen und dem besseren Nahrungsangebot profitieren z.B. auch verschiedenste Arten der
Die folgende Bilderserie zeigt keine Wildbienen, sondern beispielhaft einige Arten der vorstehend aufgeführten Gruppen, die an Nisthilfen mehr oder weniger regelmäßig zu beobachten sind. Dabei handelt es sich sowohl um nestbauende Arten als auch um deren Gegenspieler, z. B. Futterschmarotzer.
Anmerkungen:
Viele der auf den folgenden Seiten gemachten Empfehlungen finden sich
bereits in meinem Grundlagenwerk zum Artenschutzprogramm des Landes Baden-Württemberg
»Die Wildbienen Baden-Württembergs« (Westrich
1989, 1990). Sie sind in veränderter Form auch enthalten in
den Broschüren »Wildbienen-Schutz in Dorf und Stadt« (von
1983 bis 1989 in drei Auflagen erschienen) und »Wildbienen am Haus
und im Garten« (zwei Auflagen von 1997 bis 1999), die von der
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
herausgegeben wurden und die die Erstellung der Broschüren finanziell gefördert
hat. Diese sind leider vergriffen und können auch über mich nicht
mehr bezogen werden. Lediglich die zweite Broschüre wurde von
der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg als PDF zum Download (13,7 MB) ins
Internet gestellt, allerdings in schlechter Qualität.
Detaillierter und reicher bebildert sind die Themen »Nisthilfen - Wohnraum für Wildbienen« und »Der Garten als Nahrungsraum für Wildbienen« in meinem zweiten Buch behandelt, das aufgrund des großen Erfolgs bereits in der 5. Auflage vorliegt.