Nachfolgende Befunde wurden zusammen mit weiteren Beobachtungen in einer Publikation mit dem Titel »Beobachtungen an einem Nistplatz von Lasioglossum marginellum (Schenck, 1853) (Hym., Apidae)« zusammengefaßt. Diese Arbeiten sind im Juli 2006 in der Zeitschrift »Entomologische Nachrichten und Berichte« erschienen. Download der Publikation pdf
Im Jahr 2006 habe ich das hier und in der Publikation beschriebene Vorkommen mehrfach aufgesucht. Dabei mußte ich leider feststellen, daß die lokale Population weitgehend zusammengebrochen ist. Als Ursachen vermute ich folgendes: Im Winter 2005/2006 hatten die winterlichen Witterungsbedingungen zu einer starken Erosion der Steilwand und damit des Nistplatzes geführt. Im Mai 2006 konnten auch bei gezielter Suche nur noch drei Weibchen festgestellt werden. Männchen wurden während des Hochsommers überhaupt nicht nachgewiesen. Daher ist zu vermuten, daß viele Weibchen während des Winters umgekommen sind. Daß sie nach dem Erscheinen im Frühjahr abgewandert sind, halte ich für unwahrscheinlich, da es noch zum Nisten geeignete Steilwandbereiche gibt. Falls die drei gesichteten Weibchen tatsächlich Brutzellen versorgt haben, aus denen auch Männchen geschlüpft sind, so habe ich sie entweder aufgrund ihrer geringen Zahl übersehen oder sie waren an den Beobachtungstagen im Bereich des alten Nistplatzes nicht aktiv. Ich werde jedenfalls das Gebiet auch in Zukunft weiter im Auge behalten und die Entwicklung der Population verfolgen.
Im Mai 2005 entdeckte ich zu meiner großen Freude an einer kleinen lehmigen Steilwand im Naturraum »Schönbuch und Glemswald«, der sich von Leonberg bis Rottenburg (Baden-Württemberg) erstreckt, einen von zahlreichen Weibchen besiedelten Nistplatz der in ganz Mitteleuropa sehr seltenen, in Baden-Württemberg nach Westrich et al. (2000) extrem seltenen Schmalbienen-Art Lasioglossum marginellum, die 1853 von Schenck nach einem Weibchen aus dem hessischen Wiesbaden beschrieben wurde. Dies ist nach meiner Kenntnis der vierte nach 1980 in Baden-Württemberg bekannt gewordene Fundort. (Ältere Nachweise sind meinem Grundlagenwerk zu entnehmen.)
Außerhalb Baden-Württembergs wurde die Art vor 1980 nur sehr zerstreut in Niedersachsen, Sachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern nachgewiesen (Literaturzitate in Westrich 1990), nach 1980 wurde sie jedoch nur noch aus Sachsen-Anhalt (Dathe 2001), Thüringen (Winter 1992, 1995), Rheinland-Pfalz (Reder 2004) und Baden-Württemberg bekannt (Westrich 1990: 890). Was die Bestandssituation betrifft, so gilt die Art in Baden-Württemberg als »vom Aussterben bedroht« (Westrich et al. 2000), in Bayern als »ausgestorben oder verschollen« (Mandery et al. 2003). Auch in Österreich gilt die Art als »sehr selten und einzeln« (Ebmer 1988), in der Schweiz wurde sie zuletzt 1955 im Genfersee-Becken nachgewiesen (Amiet et al. 2001).
Bei Lasioglossum marginellum handelt es sich nach Ebmer (1988) um eine pontisch-mediterrane Steppenart, die von der Süd-Schweiz bis zum Don und von Mitteldeutschland bis Makedonien verbreitet ist. Über ihre Biologie ist noch sehr wenig bekannt.
Weibchen von Lasioglossum marginellum neben dem Nesteingang
Besonders auffällig war, und dies war nicht zuletzt auch der Auslöser für die Mitnahme von Belegexemplaren, daß sich viele Weibchen einer sehr kleinen Wespenbienen-Art an den Nestern von Lasioglossum marginellum herumtrieben.
Meine ursprüngliche Annahme, daß es sich dabei um Nomada bluethgeni handelt, haben sich nach erneuten Untersuchungen der Belegexemplare und einem Vergleich mit einem eindeutigen Exemplar dieser Art leider nicht bestätigt!
Die Belegexemplare gehören zu Nomada sheppardana, wie Nomada bluethgeni ein Vertreter der Nomada-furva-Gruppe. Bisher nicht bekannt war, daß Nomada sheppardana auch bei Lasioglossum marginellum parasitiert.
Ich habe die beiden Bienenarten während ihrer Flugzeit regelmäßig beobachtet und konnte einige interessante Aspekte klären. Ende August war die Flugzeit der in Anzahl am Nistplatz schwärmenden Männchen von Lasioglossum marginellum wie auch der Weibchen vorbei. Damit war die Untersuchung für die diesjährige Vegetationsperiode abgeschlossen. Sie wird im kommenden Frühling fortgesetzt, um weitere, noch offene Fragen zu klären.
Literatur:
Amiet, F., Hermann, M., Müller, A., Neumeyer, R. (2001): Apidae 2. Halictus, Lasioglossum. - Fauna Helvetica 6; 208 S., Neuchatel (Schweizerische Entomologische Gesellschaft).
Dathe, H. H. (2001): Apidae. S. 143-155 in: Dathe, H. H., Taeger, A. & Blank, S. M. (Hrsg.), Entomofauna Germanica, 4. Verzeichnis der Hautflügler Deutschlands. – Entomol. Nachr. Berichte, Beih. 7: 1-180.
Ebmer, A. W. (1988): Kritische Liste der nicht-parasitischen Halictidae Österreichs mit Berücksichtigung aller mitteleuropäischen
Arten (Insecta: Hymenoptera: Apoidea: Halictidae). – Linzer biol. Beitr., 20: 527-711.
Mandery, K., Voith, J., Kraus, M., Weber, K., Wickl, K.-H. (2003): Rote Liste gefährdeter Bienen (Hymenoptera: Apidae) Bayerns. S. 198-207 in: Rote Liste gefährdeter Tiere Bayerns. Schriftenreihe Heft 166 des Bayer. Landesamtes für Naturschutz.
Reder, G. (2004): Neu- und Wiederfunde von Stechimmen im Naturraum Nördlicher Oberrheingraben von Rheinland-Pfalz und Hessen (Hymenoptera: Aculeata). - bembix, 18: 26-32.
Schenck, A. (1853): Nachtrag zu der Beschreibung nassauischer Bienenarten. – Jb. Ver. Naturk. Nassau, 9: 88-306.
Stoeckhert, E. (1943): Über die Gruppe der Nomada furva Panz. (Hym. Apid.). – Dtsch. ent. Z., 1943: 89-126.
Westrich , P. (1990): Die Wildbienen Baden-Württembergs. – 2 Bände, 972 S., 496 Farbfotos; Stuttgart (E. Ulmer). [2., verb. Auflage].
Westrich, P., Schwenninger, H.R., Herrmann, M., Klatt, M., Klemm, M., Prosi, R. & Schanowski, A.(2000): Rote Liste der Bienen Baden-Württembergs. – Naturschutz Praxis, Artenschutz 4, 48 S.
Winter, R. (1992): Zur Wildbienenfauna des Gothaer Seeberges (Hymenoptera:
Apidae). – Abh. Ber. Mus. Nat. Gotha, 17: 83-87.
Winter, R. (1995): Bemerkenswerte Hymenopterenfunde aus Thüringen. – Abh. Ber. Mus. Nat. Gotha, 18 (1994): 97-100